Warum nicht einmal auch loben? Der Fahrer, der für eine Gruppe Vorschulkinder die Tür so lange aufgehalten hat, bis alle draußen waren, hat Lob verdient, meint StZ-Autorin Hilke Lorenz.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Zwischen den Jahren ist alles gut gewesen. Vielleicht ein bisschen besser als sonst. Das Leben gleitet gemächlicher dahin. Auch die Stadtbahn fährt sanfter, ist nicht so voll. Meint man. Die Menschen schauen glücklicher, oder zumindest nicht unglücklich. Auch Kindergartengruppen finden Sitzplätze, wenn die Kleinen zwischen Pragsattel und Hauptbahnhof mit ihrem Was-kostet-die-Welt-Blick einsteigen. Und meint man’s nur oder ist es wirklich so: die kleinen Bahnfahrer sind genauso entspannt wie die anderen großen Bahnfahrer, die – oh Wunder – einfach mal zusammenrücken, damit auch jeder der Kleinen einen Sitzplatz findet.

 

Dank an den umsichtigen Fahrer

Kurz: vor dem 7. Januar ist die Welt wieder ziemlich in Ordnung. So gut, dass es noch ein Highlight zu verzeichnen gilt. Kaum, dass die überaus versierten Vorschul-Stadtahnpassagiere alle sitzen, öffnet der Stadtbahnfahrer beim nächsten Halt die Tür seines Cockpits zum Fahrgastraum und fragt die Erzieherinnen und den einen Erzieher freundlich: „Wohin fahren Sie?“ „Schlossplatz“, lautet die Antwort. Und was dann kommt, ist eine Aufmerksamkeit, die nicht nur die muntere Reisegruppe verwundert aufhorchen lässt. „Dann lasse ich dort die Türen länger auf, damit sie alle rauskommen“, sagt der Fahrer freundlich. Sagt’s, zieht seine Tür wieder zu und tut’s ein paar Haltestellen später wirklich. Da wir so viel mosern über die Defizite des ÖPNV sei es an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt: Ein Dank an den umsichtigen und lebenstüchtigen Fahrer!

Denn alle, die schon etwas älter an Jahren an diesem Tag auf dem Weg zur Arbeit sind, freuen sich mit. Und denken: Donnerwetter, so geht’s auch, wenn das Leben einem ein bisschen Zeit lässt. Könnt so bleiben. Denn die Zeit zwischen den Jahren ist mittlerweile verstrichen. Die Gleichmut verhallt. Ach, wär’s doch anders. Jetzt heißt es gegenhalten. Durchatmen, immer schön durchatmen. Am Tag eins des neuen Pendlerjahres schnaufen alle noch ganz tief.