Italiener tragen jetzt keine Schals von Kaschmirziegen mehr, sondern aus einem Material von viel winzigeren Tieren: Mäusen. Unser Kolumnist Paul Kreiner fragt sich, was passiert, wenn chinesische Wollmauszüchter erst so richtig loslegen.

Rom - Kaschmirwolle, man weiß es, entsteht dann, wenn in himalayischen Hochlanden blasierte Ziegen sich kämmen. Oder wenn ihnen menschlicherseits das feine Unterhaar herausgekämmt wird. Das gibt dann besonders leichte Pullis, luftige Schals oder den perfekten Anzug für den perfekten Businessman von heute. Faustregel: je feiner, desto teurer.

 

Dass es auch viel billiger geht, erfahren jeden Tag Hunderttausende von Italienern an ihren beliebten Straßenverkaufsständen. Dort gibt es auch Kaschmir, Paschmina, Merino, alles was Wollrang und -namen hat, Spitzenware zu Spottpreisen. Bisher jedenfalls. Denn jetzt hat die Finanzpolizei in der Toskana zugeschlagen und mehr als eine Million Kleidungsstücke beschlagnahmt. Was immer das Etikett versprach, in Wahrheit bestanden die Fummel aus Polyester, Acrylfaser, Viskose. Über Nebensachen wie diese regt sich in Italien schon lange keiner mehr auf.

Auch bio und genauso fein

Die Spezialisten in den Polizeilabors entdeckten allerdings auch einen Neuzugang in der Wollwelt. Auch bio, auch so feine Haare wie Kaschmir – aber von Mäusen. Wie sich Maus trägt und wie sie auf die Haut wirkt, dazu gibt’s noch keine allgemeingültigen Erfahrungswerte. Vielleicht war die heimliche Markteinführung in Italien ja ein großer Feldversuch, ein Test an menschlichen Versuchskaninchen. Jedenfalls kam die ganze Ware aus China. Und wenn die Züchter dort mal so richtig loslegen, dann hat keine Ziege mehr was zu lachen. Dann kann die Welt sicher sein: die Zukunft gehört den Wollmäusen.