Nach einer Kontrolle im Auftrag der Toto-Lotto-Gesellschaft hat das Ehepaar Kunz seine Lotto-Lizenz verloren. Es könnte das Aus für den Kiosk an der Ecke Bismarck- und Rötestraße sein. Für viele Kunden ist das unvorstellbar.

S-West - Unter den Stammkunden des Kiosk an der Ecke Bismarck- und Rötestraße ist es seit Tagen das Gesprächsthema: das Ehepaar Kunz darf keine Lottoscheine mehr verkaufen und annehmen. Die Toto-Lotto-Gesellschaft hat ihm die Lizenz entzogen. „Die Nachbarschaft ist außer sich“, sagt Georg Nassos, der bei Robert und Teresa Kunz immer seine Zeitung kauft. Auch Bruno Stickroth, in Stuttgart auch als der „schöne Bruno“ bekannt, zählt seit Jahrzehnten zu den treuen Kunden. „Es wäre ein großer Verlust, wenn der Kiosk zu machen würde“, sagt er. Ausgeschlossen ist das nicht. „Ich denke, dass wir schließen müssen“, sagt Robert Kunz. Das Lotto-Geschäft sei eine tragende Stütze gewesen. „Die Miete ist damit bezahlt.“

 

Rechtlich hat die Lotto-Gesellschaft richtig gehandelt

Der Verlust der Lizenz ist der Toto-Lotto-Gesellschaft nicht anzukreiden. „Rechtlich ist da nichts zu machen“, sagt Kunz. „Wir haben ein paar Fehler gemacht.“ Der ausschlaggebende geschah am Samstag vor zwei Wochen. Ein Mann, nach Angaben des Ehepaars Kunz und Bruno Stickroth zwischen 30 und 40 Jahren alt, kaufte für 2,35 Euro einen Lottoschein für das Glücksspiel Keno. Kurz darauf kam er zurück und gab sich als Testkäufer zu erkennen. Teresa Kunz hatte nicht nach dem Ausweis gefragt. Der Testkäufer notierte dies. Am Montag darauf erhielt das Paar die Kündigung. Eine Woche später wurde die Lottoschein-Maschine abgeholt.

Bei den Glückspielen Keno und Oddset muss der Kunde immer seine Nutzerkarte vorlegen und der Verkäufer muss immer nach dem Ausweis fragen. Auch wenn die Person eindeutig älter ist als 18 Jahre. „Keno und Oddset können anders als Lotto täglich gespielt werden und sind deshalb als besonders suchtgefährdende Spiele eingestuft“, erklärt Klaus Sattler, Pressesprecher der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg.

Robert Kunz rechnet damit, den Kiosk schließen zu müssen

Obwohl Robert und Teresa Kunz niemandem die Schuld geben können und wollen, ist Robert Kunz, dessen Mutter bereits den Kiosk geführt hat, enttäuscht. „Wir vertreten seit 1985 die Lotto-Gesellschaft“, so Kunz. „Dafür ging nun alles hopplahopp und auch etwas schofelig vonstatten.“ So sei zwar die Maschine abgeholt worden, nicht aber die Werbung. „Die Schilder sollen wir selbst abhängen, obwohl sie damals von der Gesellschaft angebracht worden sind.“

Während Robert Kunz sich darauf einstellt, den Kiosk in den nächsten Monaten zu schließen, will seine Frau versuchen, weiter zu machen. „Sie hängt sehr an dem Laden“, sagt er. Sie ist es auch, die tagtäglich im Laden steht, die Namen fast aller Kunden kennt, sich deren Geschichten anhört und Nachbarn auch mal die Zeitschrift nach Hause bringt, wenn diese krank sind.

Der Kiosk ist mehr als ein Ort des Einkaufs

„Das ist ein Treffpunkt hier mit Tradition und viel Liebe“, sagt Teresa Kunz. Für sie und die Stammkunden ist der Kiosk mehr als ein Ort des Einkaufs. Hier werden soziale Kontakte gepflegt und Geschichten ausgetauscht. „Das ist nicht einfach ein Kommen und Gehen“, sagt Teresa Kunz. Ihr Mann fügt hinzu: „Nicht selten kommen Leute, die meiner Frau Blumen schenken.“ Auch Stammkunde Georg Nassos betont die nachbarschaftliche Bedeutung des Kiosks. „Die Leute in einer anonymen Stadt wollen doch ein Schwätzle halten“, sagt er. „Das tut ihnen gut – mir auch.“ Dort erfahre man immer, wie es den Nachbarn geht, bekomme Neuigkeiten mit. „Es ist ein bisschen wie auf dem Dorf, man kümmert sich umeinander“, sagt Nassos.

Teresa Kunz wirkt so, als hätte sie sich damit abgefunden, dass der Kiosk keine Lotto-Annahmestelle mehr ist. Bruno Stickroth finden den endgültigen Lizenz-Entzug hingegen übertrieben: „Man könnte ja die Lizenz temporär entziehen.“

Der Lizenz-Entzug ist der letzte Schritt

Dies ist nach den Auflagen aber nur schwer möglich. „Die Lizenz zurückzubekommen, ist nicht leicht“, sagt Sattler. Nicht die Toto-Lotto-Gesellschaft sei dafür zuständig, sondern das Regierungspräsidium in Karlsruhe, das die landesweite Aufsicht über das Geschäft mit dem Glücksspiel habe. Zumal es nachweislich zu mehreren Verstößen bei Kontrollen gekommen sein muss, bevor die Lizenz entzogen wird. „Die Leute nehmen dann an Nachtests teil oder an Schulungen“, so Sattler. „Doch bei mehrfachen Verstößen hat man dann irgendwann keine andere Wahl.“

Dem Ehepaar Kunz ist das bekannt. „Wie gesagt, wir haben Fehler gemacht“, sagt Kunz. Daran ist nicht zu rütteln. Die Nachbarschaft und Kunden des Kiosks stehen dennoch hinter ihnen.