Die Stadt will den Einsatz glyphosathaltiger Mittel verbieten. Allerdings hat sie keinen Einfluss auf Flächen im Privatbesitz und kann das Verbot auf städtischen Parzellen kaum kontrollieren.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Den gut 4900 Pächtern städtischer Grundstücke bleibt noch eine Woche Zeit, um einer Änderung ihrer Pachtverträge zuzustimmen – ansonsten droht die Stadt mit dem Ende des Vertragsverhältnisses. Die Stadtverwaltung will damit erreichen, dass auf von ihr verpachteten Flächen künftig keine glyphosathaltigen Mittel mehr zum Einsatz kommen.

 

Das Einverständnis zu den geänderten Vereinbarungen muss bis Montag, 15. Oktober, bei der Stuttgarter Stadtverwaltung eingegangen sein. Ansonsten sei man „leider gezwungen, das Pachtverhältnis zum 31. Oktober 2018 zu kündigen“, heißt es in dem Schreiben des Amts für Liegenschaften und Wohnen, das allen Pächtern zugegangen ist.

Die Behörde stützt sich auf eine Entscheidung des Gemeinderates von Ende Juni 2018. Stuttgart verfolge das Ziel, bis zum Jahr 2022 eine glyphosatfreie Stadt zu werden, und dies „unabhängig von der Entscheidung der EU“, schreibt das Liegenschaftsamt. Die Europäische Union hatte im November 2017 entschieden, das Mittel für fünf weitere Jahre zuzulassen.

Auch städtische Betriebe müssen sich umstellen

In Stuttgart soll der Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels hingegen verboten sein. Das gilt allerdings nur für von der Stadt bewirtschafte und von ihr verpachtete Flächen. Das städtische Weingut soll demnach auch in den schwer zu bewirtschaftenden Steillagen auf die Verwendung von glyphosathaltigen Mitteln verzichten und sich stattdessen eines eigens angeschafften mechanischen Unterstockgeräts bedienen. Die beiden stadteigenen Unternehmen Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) und Hafen Stuttgart sind gehalten, auf ihren Flächen eine „Minimierungsstrategie“ zu verfolgen, heißt es bei der Stadt.

Die nun angeschriebenen privaten Pächter bewirtschaften zusammen 370 Hektar der 20 734 Hektar umfassenden Stuttgarter Markung. Die Größe der Parzellen reicht von 50 Quadratmeter großen Gärten bis zu Wiesenflächen, die sich über mehrere Hektar erstrecken. Pro Jahr nimmt die Stadt durch die Verpachtungen rund 460 000 Euro ein.

Nicht betroffen von dem von der Stadt angestrebten Glyphosatverzicht sind Grundstückseigentümer. Das Rathaus könne „den Einsatz auf privaten Flächen nicht untersagen. Das Verbot betrifft nur die städtischen Gärten, wo die Stadt als Eigentümerin die Vertragsbedingungen vorgeben kann“, so Stadtsprecher Sven Matis.

Das Verbot ist kaum zu überwachen

Das Einhalten des Verbots gestaltet sich nicht ganz einfach. Das Überwachen solle „stichprobenartig bei Routinekontrollen durch Güterverwalter erfolgen“, sagt Matis. Allerdings gibt es von diesen Kräften in Diensten der Stadt lediglich drei. Dieses Trio soll nun die in Rede stehenden 370 Hektar im Auge behalten. Werde der Einsatz von Glyphosat festgestellt, „ist dies ein Verstoß gegen eine pachtvertragliche Regelung. Das rechtfertigt eine Abmahnung oder gar eine Kündigung. Strafen im ordnungswidrigkeits- oder bußgeldrechtlichen Sinn gibt es nicht“, klärt Matis über mögliche Konsequenzen auf.

Die nun verschickten Pachtverträge sind nur ein erster Schritt auf dem Weg zur glyphosatfreien Stadt. Voraussichtlich im November, so Matis, würden die „landwirtschaftlichen Pächter für Obstbau-, Acker- und Weinbauflächen“ angeschrieben werden. Derzeit sei aber das Amt mit „den 4900 Fällen, die bereits zum November umgestellt werden müssen, beschäftigt“.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus im Gemeinderat hatte bereits im Februar 2016 darauf gedrungen, die Mittel von städtischen Flächen völlig zu verbannen. Der Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten kündigte im vergangenen September an, entsprechende Mittel nicht mehr anzubieten.