Recht unspektakulär ist der Betreiberwechsel auf den Linien RE 90 und RB 16 über die Bühne gegangen – mit leichten Verspätungen auf der Filstal- und Erstaunen über quasi historisches Bahnmaterial auf der Murr-Strecke.

Fahrplan - Wie geht die Türe denn auf?“ – etwas hilflos steht die junge Dame am Winnender Bahnhof vor dem gerade aus Nürnberg Richtung eingefahrenen Regionalexpress, mit dem sie gen Stuttgart fahren will. Es braucht einfach etwas Kraftaufwand, um die mit traditionellem Griff ausgestattete Tür des guten alten Silberlings zu öffnen. Ein Mitfahrer eilt zu Hilfe und mit leichtem Quietschen öffnet sich der Einlass. „Na, mit so einem bin ich noch nie gefahren“, sagt die Bahnfahrerin zum historisch anmutenden Zug, der am ersten Montag nach Fahrplanwechsel planmäßig um 7.45 Uhr den Winnender Bahnhof verlässt – eins betont sie aber extra:„Immerhin sind wir heute pünktlich“.

 

Dies entgegen aller Befürchtungen, der Go-Ahead-Start werde womöglich ähnlich holprig ausfallen, wie im Juni bei die Premiere mit der Regionallinie RB 13 Aalen-Stuttgart auf der Remsbahn. Verspätete und übervolle Züge waren im Übrigen auch auf der Murrbahn in den vergangenen Monaten unter anderem Betreiber häufig Ursache heftiger Beschwerden. Voll ist es auch jetzt in den quasi bahnhistorischen Silberlingen, den von 1959 bis 1980 produzierten n-Wagen. Auch da ist man als Stuttgartpendler einigen Kummer gewohnt. Normalzustand quasi unter neuem Betreiber: Wer in Winnenden einsteigt, kommt zwar mit – aber weitgehend ohne Chance auf einen Sitzplatz.

Auch im Filstal keine größeren Probleme

Auf der Filstalbahn – wo seit Sonntag die Linie RB 16 (Stuttgart-Ulm) ebenfalls neu unter Go-Ahead-Regie ist – hat Melanie Schilkowski in Sachen Pünktlichkeit ebenfalls Glück. Ihre Regionalbahn fährt in Göppingen-Faurndau am Montagfrüh mit gerade mal vier Minuten Verspätung ab. „Da sind wir hier Schlimmeres gewohnt“, sagt sie und besteigt mit einem „Hoffen wir mal, dass es so bleibt“, den weiß-gelben Zug vom Typ Flirt in Richtung Stuttgart. Auch sonst gibt es zum Betriebsstart von Go Ahead im Filstal zwar den einen oder anderen Hänger, größere Probleme blieben allerdings aus. Nur wer auf die Pendlerbahn wartete, die Geislingen um 6.16 Uhr hätte verlassen sollen, braucht rund 20 Minuten mehr Geduld.

Sogar die Sitzplatzkapazitäten reichen weitgehend aus. „Mein Zug war zwar ziemlich voll, aber zumindest gab es heute nicht das übliche Gequetsche“, erklärt Manuel Kurz, der mehrmals die Woche von Süßen nach Esslingen pendelt. Dass eine der Toiletten nicht funktioniert, sei ärgerlich, aber zu verkraften, ergänzte er.

Die neuen Flirt-Züge fahren auf der Murrstrecke erst im Frühjahr

Eigentlich hätten auch die Fahrgäste im sogenannten Franken-Murr-Express seit Sonntag in den modernen und komfortablen, mit W-Lan und kompletter Barrierefreiheit ausgestatteten Flirt-XL-Zügen gen Stuttgart und Nürnberg reisen sollen. Weil allerdings die Herstellerfirma Stadler die neuen Züge erst kurz vor knapp geliefert hat, sind diese noch im Testbetrieb. Bis mindestens Ende Februar 2020 sorgen auf der Linie RE 90 deshalb verschiedene Partner-Verkehrsunternehmen mit eigenen Zügen und eigenem Personal für den Schienenbetrieb – eben mit den weniger komfortabel, aber ziemlich zuverlässigen Silberlingen. Keine Zugausfälle beim Go-Ahead-Start, keine nennenswerten Verspätungen – auch auf der Murrstrecke heißt es am Montagmorgen trotz schwergängiger Zugtüren und herbem 80er-Jahre-Komfort spontan: „Das war schon um einiges schlimmer.“

Im Filstal sind die Hoffnungen auf einen reibungslosen Beginn von Go-Ahead nicht allzu groß gewesen, darauf hatten nicht zuletzt Ankündigungen aus der Göppinger Kreisverwaltung hingedeutet. Bei einem solchen Übergang könne nicht alles auf Anhieb funktionieren, hatte Landrat Edgar Wolff jüngst noch erklärt. Und auch der Kreisverkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke trat vorsichtshalber auf die Euphoriebremse und warnte vor übertriebenen Erwartungen.

Diskussionen um den Metropolexpress

Die Kreispolitik wiederum beklagte vor allem, dass der Metropolexpress (Mex) seinen halbstündigen Takt nur nach Stuttgart, nicht aber in Richtung Ulm bekomme. Inzwischen allerdings hat das Verkehrsministerium signalisiert, dass dieses Vorhaben, trotz der eigentlich zu niedrigen Fahrgastzahlen, im Rahmen eines Pilotversuchs ausprobiert werden kann.

Eine weitere Diskussion wird darüber geführt, dass der Mex für rund zwei Jahre gar nicht Mex heißen soll. Diese Taufe will das Land erst vornehmen, wenn auch die Qualität der eines Metropolexpress würdig sei, ließ das Ministerium verlauten.

Während sich der Kreis an dieser Verzögerung stört, scheint den Kunden die Namensgebung ziemlich gleichgültig zu sein. „Wenn’s funktioniert, ist es mir völlig egal, wie das Kind heißt“, betont am Montag Fahrgast Manuel Kurz.