Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass eine Patientin der privaten Klinik starb, weil sie eine zu hohe Dosis eines Medikaments erhielt. Der Fall ist nur öffentlich geworden, weil nun der Prozess vor dem Amtsgericht ansteht.

Göppingen - Noch während die Ermittlungen zu den Todesfällen in der Klinik am Eichert laufen, wird die nächste Krankenhaus-Hiobsbotschaft bekannt: Am Göppinger Amtsgericht steht ein Prozess gegen drei Ärztinnen des Christophsbads wegen fahrlässiger Tötung an. Die Ulmer Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, einer MS-Patientin vor zwei Jahren eine viel zu hohe Dosis eines Medikaments verabreicht zu haben. Das Christophsbad hatte die Öffentlichkeit, anders als die Klinik am Eichert, nicht über den Fall informiert.

 

Der Zustand der Patientin verschlechterte sich rapide

Wie der Christophsbad-Chef Bernhard Wehde berichtet, war die 80 Jahre alte Frau seit Jahren immer wieder im Christophsbad behandelt worden. Im August 2016 habe sie durch eine „Vielzahl von Verkettungen und Umständen“ ein Medikament, dass sie eigentlich nur einmal pro Woche hätte erhalten sollen, an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen bekommen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Dosierung zum Tod der Frau geführt hat. Denn der Zustand der 80-Jährigen verschlechterte sich rapide. Sie starb nach elf Tagen in der internistischen Abteilung einer anderen Klinik, in die sie verlegt worden war. Die Staatsanwaltschaft wirft der zuständigen Oberärztin nun vor, die Medikamentenabgabe nicht geprüft zu haben. Die Medizinerin muss sich nun wegen „Tötung durch Unterlassen“ verantworten, zwei weitere Ärztinnen müssen sich wegen „fahrlässiger Tötung“ verantworten.

Wehde bezweifelt, dass das Medikament den Tod der Frau verursachte

Wehde wehrt sich gegen Kritik daran, dass der Fall nicht sofort öffentlich gemacht wurde. „Das ist nicht mit den Todesfällen im Eichert vergleichbar“, sagt er. Es seien so viele Menschen involviert gewesen, dass noch nicht abzusehen sei, inwieweit einzelne sich schuldig gemacht hätten. Zumal aus seiner Sicht nicht bewiesen sei, dass die Überdosierung den Tod der Frau verursacht habe. Natürlich habe die Klinik einen Fehler gemacht und der Frau eine zu hohe Dosis verabreicht, „aber es gibt durchaus Patienten, die das Medikament in dieser Dosierung erhalten“. Die Klinik habe sich deshalb entschieden, die Angehörigen der Frau und die Mitarbeiter zu schützen und den Ausgang des Prozesses abzuwarten. Außerdem habe die Klinik Lehren aus dem Fall gezogen und ihre Vergabeordnung für Medikamente geändert.

Eigentlich hätte die Verhandlung in der kommenden Woche beginnen sollen. Doch weil die zuständigen Richterin noch Fragen zu einem Gutachten zur Todesursache hat, wurde der Prozess verschoben, bis das Gutachten vollständig ist. „Rückschlüsse auf den Prozessverlauf lassen sich daraus aber nicht ziehen“, betont der Sprecher des Amtsgerichts, Heiner Buchele.

Fatale Verwechslung am Eichert

Fall:
In der Klinik am Eichert sind Ende September zwei Patienten gestorben – vermutlich, weil eine Krankenschwester ihnen in der Nachtschicht das falsche Medikament gegeben hatte: das selten verwendete Lokal-Anästhetikum Ropivacain statt einer Kochsalzlösung mit dem Schmerzmittel Novalgin. Vier weitere Patienten, die ebenfalls einen Tropf mit dem Anästhetikum erhalten hatten, wurden zur Überwachung auf die Intensivstation gebracht, erlitten aber keine gesundheitlichen Schäden. In der Klinik zeigte man sich entsetzt über den Vorfall und ratlos, wie es dazu hatte kommen können. Denn es soll eine eher ruhige Nachtschicht gewesen sein, und die Schwester galt als sehr erfahren. Die Frau hat einen Schock erlitten und war einige Tage lang nicht ansprechbar.

Ermittlungen:
Polizei und Staatsanwaltschaft untersuchen den Fall. Die beiden Opfer wurden obduziert, um die genaue Todesursache festzustellen. Die Krankenschwester wurde inzwischen verhört. Laut der Staatsanwaltschaft ist der größte Teil der Ermittlungen abgeschlossen, allerdings gelte es noch, einige Details zu klären, bevor entschieden werde, wie weiter verfahren werde.