Die Mobilitätszentrale am Bahnhof soll Kunden viel mehr bieten als nur Fahrkarten für Bus und Bahn. Doch ein Großteil dieses „Mehr“ lässt noch auf sich warten. Derweil bereiten auch Eislingen, Gingen und Geislingen ähnliche Angebote vor.

Göppingen - Die Eröffnung der neuen Mobilitätszentrale am Göppinger Bahnhof ist jüngst groß gefeiert worden. Der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) war da, der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp, der Landrat Edgar Wolff, der Oberbürgermeister Guido Till und eine Menge Gemeinde-, Kreis- und Regionalräte. Sie alle erhoffen sich vom Umbau des ehemaligen Reisezentrums der Bahn mehr Kunden für den Öffentlichen Nahverkehr. Die neue Mobilitätszentrale soll das Herz des Bahnhofs werden, der zu einem von insgesamt 13 Mobilitätspunkten in der Region Stuttgart ausgebaut wird und dann über ein umfangreiches Zusatzangebot rund um die Mobilität verfügt. Doch bis das neue Herz im Takt schlägt, dauert es noch eine Weile. Denn in Göppingen gibt es das ein oder andere Problem, das so nicht eingeplant war.

 

Die Zentrale soll viel mehr können als nur Fahrkarten zu verkaufen. In Zukunft sollen Kunden dort Beratung zu unterschiedlichsten Mobilitätsangeboten bekommen, diese buchen können und sogar Informationen über Wanderwege und Sehenwürdigkeiten im Kreis erhalten. Doch viele dieser Angebote gibt es noch gar nicht oder nicht mehr.

Fahrradparkhaus und E-Bike-Verleih sind zurzeit geschlossen

Das hängt unter anderem mit dem Umbau des Bahnhofsplatzes zusammen, der noch in vollem Gang ist und erst im kommenden Frühsommer fertig wird. Erst dann werden die Ladestationen für E-Autos fertig sein. Bis die Stadt das geplante Car-Sharing-Angebot in Gang gebracht hat, wird es dem Stadtsprecher Olaf Hinrichsen zufolge möglicherweise sogar noch bis ins Jahr 2020 dauern. Und was aus dem Fahrradparkhaus und dem E-Bike-Verleih am Bahnhof wird, die schon vor drei Jahren in Betrieb gingen, ist offen.

Vor einigen Wochen wurde beides vorübergehend geschlossen. Denn der E-Bike-Verleih wurde kaum genutzt, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass das Fahrradparkhaus, in dem der Verleih untergebracht ist, seit seiner Eröffnung vor drei Jahren trotz Videoüberwachung immer wieder als Toilette oder nachts als Obdachlosenunterkunft missbraucht wurde – einladend wirkte das für Kunden nicht.

Im Frühjahr will der Gemeinderat entscheiden, wie es mit dem Fahrradparkhaus und dem E-Bike-Verleih weitergeht. Es wird darüber nachgedacht das Parkhaus abzuschließen, damit nur noch die Nutzer mittels Chipkarte hineinkommen. Die Pedelecs müssten dann allerdings im Freien untergebracht werden. Außerdem soll der Betreiber des Verleihs gewechselt werden.

Digitale Anzeigen informieren Kunden über an- und abfahrende Züge und Busse

Obwohl also noch einiges an Arbeit vor der Stadt und deren Kooperationspartnern von Bahn, Region, Land, VVS und Filslandverbund liegt, bis die Mobilitätszentrale ihren Namen verdient, einige Verbesserungen gibt es schon: Die Räume sind bereits ausgebaut, um künftig die neuen Angebote integrieren zu können, das Personal wurde aufgestockt und der Zugang barrierefrei gestaltet. Außerdem können Kunden dort nun auch Bustickets für Fahrten im Filslandverbund des Landkreises kaufen.

Darüber hinaus wurden vom Landkreis am Göppinger Bahnhof, am Busbahnhof sowie an der Fernbushaltestelle in der Jahnstraße digitale Informationsanzeigen installiert. Sie zeigen stets aktuell an, welche Busse und Bahnen als nächstes an- und abfahren. Finanziert wurde das 216 000 Euro teure Projekt auch mit Fördergeld des Landes.

Die Mobilitätszentrale in Göppingen wird nicht die einzige im Kreis bleiben. In Eislingen und Gingen wird das Angebot an den Bahnhöfen bis zum Jahr 2020 ebenfalls ausgebaut und an einer zentralen Stelle im Bahnhof vertrieben. Wie in Göppingen bekommen die Kommunen dafür Zuschüsse vom Verband Region Stuttgart. Göppingen etwa erhielt rund 230 000 Euro für den Umbau des Bahnhofs zu einem Mobilitätspunkt von der Region.

Geld vom Land für ähnliches Angebot in Geislingen

Außerdem hat der Landkreis Zuschüsse vom Land erhalten, um ein ähnliches Angebot in Geislingen zu schaffen. Dort geht es in erster Linie darum, die vielen Rufbusse im Oberen Filstal aus einer Hand anbieten zu können. Kunden können ihr Ruftaxi dann für jede Strecke bei der Mobilitätszentrale am Bahnhof bestellen.

Im Geislinger Raum werden Rufbusse mit dem neuen Fahrplan vom kommenden Jahr an wesentlich stärker genutzt als bisher. Denn dann werden die Buslinien kreisweit vertaktet und den größten Teil des Tages mindestens stündlich verkehren. Weil sich das im ländlichen Raum nicht immer lohnt, hat der Kreis vor allem rund um Geislingen verstärkt Rufbusse eingeplant.

Wie erfolgreich der Öffentliche Nahverkehr im Kreis künftig ist, hängt neben all diesen Bemühungen voraussichtlich auch davon ab, ob sich der Kreistag Ende des Jahres zu einem Beitritt in den Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) durchringt. Bei der Eröffnung der Mobilitätszentrale in Göppingen warben Hermann, Bopp und Till eindringlich für ein „Ja“ zum VVS. Der Landrat Edgar Wolff sagte hingegen, der Beitritt wäre aus seiner Sicht zwar „ein Meilenstein für den Landkreis“, dennoch dürfe man die finanzielle Situation des Kreises nicht außer Acht lassen. „Das wird sicher keine leichte Entscheidung.“

So will die Region die Bürger für Bus und Bahn gewinnen

Angebot:
In 13 Kommunen in der Region Stuttgart werden bis 2020 nach und nach Bahnstationen zu regionalen Mobilitätspunkten umgebaut. Das Ziel der vom Verband Region Stuttgart geförderten Projekte ist, den Öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen. An den regionalen Mobilitätspunkten soll man künftig nicht nur in Züge, S-Bahnen oder Busse steigen können, sondern weitere Dienstleistungen und Informationen zu den Angeboten erhalten. Zur Ausstattung der Mobilitätspunkte gehören Taxi- und Carsharingplätze, um das Angebot des ÖPNV zu ergänzen. Besonders interessant sind diese Angebote, wenn man beispielsweise in Tagesrandzeiten ankommt oder das Ziel nicht an das Netz des öffentlichen Nahverkehrs angebunden ist. Kurzzeitstellplätze aber auch Lademöglichkeiten für Elektroautos oder Pedelecs sowie mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Serviceangebote für deren Wartung und Reparatur runden das Angebot ab.

Kommunen:
Im Kreis Göppingen entstehen drei von der Region geförderte Mobilitätspunkte, und zwar an den Bahnhöfen in Göppingen, Eislingen und Süßen. Im Kreis Esslingen sind Esslingen und Leinfelden-Echterdingen auf der Liste, im Kreis Böblingen die Kreisstadt sowie Sindelfingen und Leonberg. Der Kreis Ludwigsburg ist allein mit seiner Kreisstadt dabei, im Rems-Murr-Kreis bekommen Waiblingen, Backnang, Fellbach und Kernen im Remstal einen Mobilitätspunkt.