Die Stadt wollte ein Baugebiet voranbringen, stattdessen hat sie sich in eine Zwickmühle manövriert, aus der kein Weg herauszuführen scheint.

Göppingen - Wie auch immer der Gemeinderat am Ende entscheidet, es wird eine Menge Ärger und Unzufriedenheit geben, und womöglich wird es darüber hinaus für die Stadt auch noch teuer. Im Raum stehen Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. Dabei hatte mit dem neuen Baugebiet am Galgenberg doch alles so vielversprechend begonnen.

 

Schon vor zehn Jahren war der Erbe und Mehrheitseigner der in der Stadt ansässigen Firma Gelita, Philipp Koepff, mit dem Wunsch auf die Stadt zugekommen, ein rund 1,3 Hektar großes Areal, das ihm am Galgenberg gehörte, als Baugebiet zu entwickeln. Vor drei Jahren einigten sich die Parteien schließlich auf einen städtebaulichen Vertrag, und der Bebauungsplan für das Gebiet wurde aktualisiert.Aus Sicht der Stadt sollten in dem Gebiet in den kommenden Jahren Ein- und Zweifamilienhäuser für rund 90 Bewohner entstehen, die sich gut in das gehobene Wohngebiet einfügen.

Stadt hat versäumt, Vorgaben verbindlich festzuschreiben

Doch wie sich in den vergangenen Wochen herausstellte, hat die Stadtverwaltung damals einen Fehler gemacht: Zwar steht in dem Bebauungsplan, dass man sich Ein- und Zweifamilienhäuser wünscht, doch hatte es die Verwaltung versäumt, dies rechtlich verbindlich vorzuschreiben. Stattdessen sind rechtlich gesehen auch Mehrfamilienhäuser zulässig – das genaue Gegenteil von dem, was man wollte.

Aufgefallen ist das Versäumnis im Rathaus erst vor wenigen Monaten. Denn ein Schweizer Bauträger, die Firma Mühletal-Liegenschaften, hatte im September einen Bauantrag für drei Mehrfamilienhäuser mit 38 Wohnungen für 95 Bewohner am Galgenberg eingereicht – auf einem Grundstück, das gerade mal ein Viertel des Gesamtgebiets ausmacht, will sie Wohnraum für mehr Bürger schaffen, als ursprünglich für das ganze Gebiet vorgesehen war. Seither sind Stadtverwaltung und Gemeinderat hinter den Kulissen am Rotieren.

Erneute Planänderung sollte Investoren stoppen

Um das Bauprojekt zu verhindern, leitete die Stadtverwaltung eine erneute Änderung des Bebauungsplans in die Wege, nach dem nur noch Ein- und Zweifamilienhäuser zulässig wären. Informiert hat die Stadt darüber weder Koepff noch den Schweizer Bauträger, an den der Unternehmer ein Viertel seiner Flächen verkauft hatte.

Um zu verhindern, dass die Investoren bauen, bevor der neue Plan gilt, will die Stadtverwaltung außerdem eine Veränderungssperre erlassen. Bauherren, die – wie es sich die Stadt wünscht – auf ihren Parzellen Ein- oder Zweifamilienhäuser erstellen, könnten per Ausnahmegenehmigung dennoch loslegen. Doch der Investor wäre dauerhaft blockiert.

Eigentlich sollte der Gemeinderat all dies in der kommenden Woche absegnen. Am Donnerstag sollte über das Vorhaben vorab diskutiert werden. Doch weil die Pläne zwischenzeitlich bekannt geworden waren, war am Donnerstag weitaus mehr Publikum im Sitzungssaal, als der Verwaltung lieb war: Anwohner, die auf die Bebauungsplanänderung dringen, weil sie um ihr beschauliches Wohngebiet fürchten, und Vertreter des Schweizer Unternehmens, das droht, die Stadt zu verklagen, falls der neue Plan beschlossen wird.

Entscheidung vorläufig vertagt

Während die Parteien draußen warteten, flogen in einer nicht-öffentlichen Sitzung die Fetzen. Insidern zufolge will der Oberbürgermeister Guido Till den neuen Bebauungsplan durchboxen, weil er sich mehr den Anwohnern als den Unternehmern verpflichtet sieht. Auf seiner Seite hat er offenbar unter anderem die CDU. Die Kritiker im Gremium weisen hingegen darauf hin, dass die Stadt den Fehler gemacht habe und nicht die Unternehmer, und dass man wenig Aussichten habe, Schadenersatzforderungen abzuwenden.

Die Entscheidung, wie es am Galgenberg weitergehen soll, wurde am Ende verschoben, das Thema von der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung genommen. Am kommenden Donnerstag soll der Schweizer Bauträger nun zunächst sein Bauprojekt im Gemeinderat vorstellen. Danach wollen die Fraktionen und die Verwaltung noch mal in sich gehen. Die Entscheidung für die eine oder andere Seite soll in der übernächsten Gemeinderatssitzung fallen.