Das Stadtmuseum im Storchen zeigt in seiner Weihnachtsausstellung Spielwaren, die im Filstal hergestellt wurden. Im Schatten von Märklin blühten viele andere Firmen.

Göppingen - Was für ein Landstrich, der so verspielte Menschen hervorbringt! Das Filstal kann nicht nur mit Märklin auftrumpfen. Im 19. Jahrhundert entstanden in Göppingen und Umgebung viele Firmen, die Spielwaren herstellten und ihrer Profession mit Liebe und Können nachgingen – manche tun dies noch heute. Die diesjährige Weihnachtsausstellung im Göppinger Stadtmuseum im Storchen zeigt die Vielfalt der Unternehmen, die im Schatten des Metallspielwarenherstellers Märklin blühten. Zu sehen sind echte Kinderträume.

 

Besonders anrührend ist ein kurzes Video über Eugen Keller, der im Jahr 1982 hochbetagt an der Werkbank sitzt und das letzte Mal ein Schaukelpferd baut – für seine Urenkelin Eva. Jeder Griff sitzt, und aus den Augen des alten Mannes blitzt eine kindliche Freude. „Ich bin ein glücklicher Spielzeug-Mensch geworden“, sagt er. Das Ergebnis ist ein Pferd in Schrittstellung, gesattelt und einfach schön. Gegründet wurde die Spielwarenfabrik 1846 von dem Drechsler Christian Vogel. 1893 übernahm dessen Schwiegersohn Konrad Keller, genannt der Gäules-Keller, das Geschäft – das nun unter seinem Namen geführt wurde. 2011 erwarb die weltweit bekannte Firma Margarete Ostheimer aus Zell das Unternehmen. Auch Spielsachen aus der Ostheimer-Produktion fehlen in der Ausstellung nicht.

Eine klappbare Kochkiste

Der Gäules-Keller war nicht der Einzige, der mit Holzspielwaren groß herauskam. Von 1841 an produzierten die Gebrüder Schmohl Pferde und Puppen. Vor allem die Gespanne, die jetzt im Storchen gezeigt werden, sind echte Hingucker. Die aufkommende Motorisierung findet dann auch im Sortiment des Spielwarenherstellers ihren Niederschlag. Zu den Gespannen gesellen sich Modelle von Feuerwehrautos und Traktoren, des legendären Allgaier-Porsche aus den 50er Jahren etwa. Bis 1984 existierte die Firma der Gebrüder Schmohl, dann kam das Aus. Der übermächtigen Konkurrenz der ausländischen Billiganbieter und der wachsenden Anzahl an Plastikspielzeug konnte das Unternehmen auf Dauer nicht standhalten.

Kostbarkeiten in ihrer Detailverliebtheit sind auch die Kinderkochherde der Firma F. & R. Fischer. Sehenswert ist vor allem die klappbare Kochkiste aus der Zeit um 1900. Im Jahr 1959 gab das Unternehmen den Standort Göppingen auf. Bereits mit Strom wurden die Kinderkochherde von Heiliger betrieben. Sie stammen aus den sechziger und siebziger Jahren.

Ein Küchentisch als Werkbank

Wer Göppingen hört, denkt an Modelleisenbahnen. Märklin war nicht das einzige Unternehmen im Filstal, das auf dieses Segment setzte. In Uhingen wurde im Jahr 1976 die Firma Bemo gegründet, die es heute noch gibt und die 25 Mitarbeiter beschäftigt. Die Vorbilder für ihren Fuhrpark lieferte die Rhätische Bahn. In einem Raum im ersten Stock des Storchen rumpeln der Glacier- und der Bernina-Express durch eine Schweizer Alpenlandschaft. Mit dem Aufkommen der Modelleisenbahnen waren auch zahlreiche Betriebe entstanden, die das Beiwerk lieferten. Die Firma Martin aus Geislingen und EGI-Modellspielwaren aus Göppingen produzierten Häuschen für die Modellbahnplatten. Die Firma EGI, eine Abkürzung der Namen der Firmengründer Ernst und Friedel Giese, begann im Jahr 1949 zu produzieren – am Küchentisch.

Ein großes Kapitel widmet die Ausstellung dem Spieleautor Günther Burkhardt aus Gosbach. In einem Raum ist eine beeindruckende Anzahl von Spielen ausgestellt, die der frühere Lehrer im Lauf der Zeit erfunden hat. Die Palette reicht vom „Funkelschatz“ über den „König der Maulwürfe“ bis hin zum „Rumpel-Ritter“.

Spielenachmittag und Blick hinter die Kulissen

Der Spieleerfinder Günter Burkhardt lädt am Sonntag, 19. Januar, von 14 Uhr an zu einem Spielenachmittag ins Museum ein.

Die Holzspielwaren-Fabrik Margarete Ostheimer in Zell öffnet am 27. Februar ihre Pforten. Am 18. März ist ein Blick hinter die Kulissen der Firma Bemo in Uhingen möglich. Beide Besichtigungen beginnen um jeweils um 14.30 Uhr. Eine Anmeldung unter der Telefonnummer 0 71 61 / 6 50-99 11 ist jedoch erforderlich.

An den Sonntagen, 29. Dezember, 5. Januar, 12. Januar, 9. Februar und 22. März, sowie an den Donnerstagen, 23. Januar und 5. März, werden um jeweils 15 Uhr Rundgänge angeboten.

Die Ausstellung ist bis einschließlich 22. März dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr zu sehen.