Ein Unbekannter berichtet in einem Schreiben von Querelen, die sich auf die Leistungsfähigkeit der Wehr auswirkten. Angeblich sind die Mitarbeiter so demotiviert, dass sie Hilfsfristen oft nicht mehr einhalten können. Der Kommandant wehrt sich.

Göppingen - Bis vor kurzem waren die Göppinger Stadträte noch überzeugt, die Feuerwehr sei endlich in einem ruhigeren Fahrwasser angelangt. Nach fast 15 Jahren mit wechselnden Kommandanten, internen Streitereien und der offenen Frage, was aus der Hauptfeuerwache in der Innenstadt werden würde, schienen sich Lösungen abzuzeichnen: So plant die Stadt Insidern zufolge, die Wache doch am bestehenden Standort zu erweitern. Dazu ist sie angeblich zurzeit in Verhandlungen mit den Besitzern angrenzender Gebäude, um das Feuerwehrgelände zu vergrößern. Und die seit Jahren vakante Kommandantenstelle füllen zurzeit der ehrenamtliche Kommandant Karlheinz Widmeyer und sein Stellvertreter Toni Brandt aus.

 

Schreiber fordert schnellstmöglich neuen Kommandanten

Doch in die vermeintliche Ruhe platzt nun ein anonymer Brief, in dem Vorwürfe gegen die Feuerwehrspitze erhoben werden. Das Schreiben wurde mehreren Stadträten verschiedener Fraktionen in die Briefkästen geworfen – und hat inzwischen die Runde im Gemeinderat und in der Stadtverwaltung gemacht. Darin ist die Rede davon, die Fronten innerhalb der Feuerwehr seien so verhärtet, dass sich die schlechte Stimmung auf die Arbeit auswirke. „Unsere Ausrückzeiten sind so schlecht wie noch nie, und sehr oft können wir die gesetzlich vorgegebenen Hilfsfristen nicht einhalten und rücken mit zu wenig Personal aus“, heißt es. Begründet wird dies mit der „Demotivation unserer Kammeraden“. Das Schreiben schließt mit der Forderung man brauche „dringend und schnellstmöglich einen Kommandanten“. Dieser solle von extern sein, Erfahrung mitbringen und eine klare Linie einbringen.

„Wir halten die Hilfsfristen nachweisbar ein, und sie sind auch nicht in Gefahr“, sagt hingegen der ehrenamtliche Kommandant Widmeyer. Er bedaure, dass der anonyme Schreiber diesen Weg gewählt habe, um seine Kritik loszuwerden. Zumal das Schreiben mit Halbwahrheiten und Halbwissen gespickt sei. „Wenn jemand Probleme hat, darf er gerne zu uns kommen und mit uns darüber reden“, versichert Widmeyer. Wie die Feuerwehr auf den Vorfall reagiere, sei noch offen. Geplant sei jetzt ein Treffen mit allen Zugführern, bei dem über die Vorwürfe gesprochen werde, kündigt er an. Widmeyer mutmaßt, dem Verfasser gingen die Verbesserungen nicht schnell genug.

Stadträte und Verwaltung stellen sich hinter ehrenamtlichen Kommandanten

Auch die Stadträte und die Stadtverwaltung sind vom Vorgehen des unbekannten Schreibers nicht angetan. Sämtliche Fraktionen kritisieren, dass der oder die Verfasser nicht das direkte Gespräch gesucht haben. „Für anonyme Briefschreiber und auch noch mit dem Absender ,Aktive Mitglieder der Feuerwehr Göppingen’ habe ich überhaupt nichts übrig. Sie sind nicht weit entfernt von Denunzianten“, sagt etwa der Fraktionschef der Freien Wähler Emil Frick. Und der CDU-Chef Felix Gerber weist daraufhin, dass der Gemeinderat und die Stadt ja ohnehin dabei seien, die Probleme nach und nach zu lösen. Der Chef der Grünen, Christoph Weber, weist darauf hin, dass die Gesprächskultur in der Stadt generell verbesserungsbedürftig sei. Er wünsche sich in allen Teilen der Verwaltung einen „kontinuierlichen Verbesserungsprozess“, bei dem es dazu gehöre, regelmäßig konstruktive Kritik zu üben.

Wie die Stadträte auch stellt sich die Stadtspitze uneingeschränkt vor Widmeyer und seinen Stellvertreter Brandt, deren großes Verdienst es sei, als Ehrenamtliche mehr als 500 Feuerwehrleute unter einen Hut gebracht zu haben und die Feuerwehr voll funktionstüchtig zu halten. Tatsächlich ist die Stadt offenbar so angetan von Widmeyers Arbeit, dass sie Insidern zufolge versucht, ihn als neuen hauptamtlichen Kommandanten zu gewinnen. Dafür müsste sie ihn von der Firma Zeller und Gmelin in Eislingen abwerben, wo er seit Jahren hauptberuflich die Werksfeuerwehr leitet. Der anonyme Brief wurde offenbar wenige Tage, nachdem Oberbürgermeister Guido Till die Fraktionschefs über diesen Plan informiert hatte, verteilt.