Der Gemeinderat tut sich schwer mit Ideen der Stadt zum Lärmschutz – vor allem mit Tempo 30.

Göppingen - Es ist ja nicht so, dass eine Kommune bei der Bekämpfung von Verkehrslärm allzu viele Möglichkeiten hätte – Autos und Lastwagen lassen sich eben nicht einfach aus den Städten zaubern. In Göppingen hat der Gemeinderat den ohnehin schon dürftigen Katalog möglicher Maßnahmen nun um ein – aus Sicht vieler anderer Kommunen geeignetes – Mittel beschnitten. In seiner jüngsten Sitzung hat eine Mehrheit des Gemeinderats Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30 auf diversen Ortsdurchfahrten mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt.

 

Die Stadt muss nun schauen, wie sie aus ihren übrigen Vorschlägen trotzdem noch so etwas wie einen Lärmaktionsplan bastelt. Dieser wird dann öffentlich ausgelegt und wahrscheinlich nach der Sommerpause erneut beraten. Die Pläne sind ab einem bestimmten Lärmpegel vorgeschrieben. Deshalb befassen sich die Kommunen auch landauf, landab mit dem Thema.

Andere Kommune setzen auch auf Geschwindigkeitsreduzierungen

In Eislingen, Salach und Süßen etwa hat man offenbar kein Problem damit gehabt, auch an Durchfahrtsstraßen auf Tempolimits zurückzugreifen. Die Kommunen haben mit dem Verkehrsplaner des Landratsamtes Jörg Wienecke bereits einen Lärmaktionsplan entwickelt. Im Landratsamt betrachte man Tempo 30 durchaus als geeignetes Mittel, um Lärm zu reduzieren, berichtet der Experte. Natürlich müsse man sich jeden Einzelfall genau anschauen. Sei der Straßenbelag schlecht oder erfordere die Strecke ein häufiges Bremsen und wieder Anfahren, könne sich der positive Effekt beispielsweise verlieren.

Im Göppinger Gemeinderat hingegen bezweifelten viele Stadträte, dass eine Temporeduzierung überhaupt etwas zum Lärmschutz beitragen könne. Emil Frick (FWG) und Susanne Weiß (FDP/FW) etwa hatten bereits in einer Ausschusssitzung angekündigt, einer Geschwindigkeitsreduzierung nicht zuzustimmen. Volker Allmendinger (CDU) führte neue Studien an, die besagten, dass Lärm durch Tempo 30 sogar eher zunehme. Das entspreche auch seiner Erfahrung als Busunternehmer.

Stadträte kritisieren, dass keine richtigen Messungen gemacht wurden

Kritik übten viele Stadträte auch an den Grundlagen, auf denen die Vorschläge der Stadtverwaltung für den Lärmaktionsplan entstanden waren. Michael Freche (Lipi) und Thomas Roos (SPD) wiesen darauf hin, dass die Lärmwerte in der Stadt und in den Ortsteilen nicht auf Messungen beruhen, sondern anhand des Fahrzeugaufkommens hochgerechnet wurden. „Was bei echten Messungen rauskommen würde, weiß kein Mensch“, monierte Roos.

„Hier wird mit Studien herumgeworfen wie es gerade passt“, kritisierte Christine Lipp-Wahl (Grüne). Auf ihren Vorschlag, den „Studien-Dschungel“ mit einer Informationsveranstaltung zu lichten, bei der alle Stadträte auf den gleichen Stand gebracht werden könnten, ging niemand ein.

Die Grünen beantragten vergeblich, den Entwurf für den Lärmaktionsplan als Gesamtpaket abzustimmen, da er nur als Ganzes sinnvoll sei. Die CDU setzte sich mit ihrem Gegenantrag durch, jeden Punkt einzeln zu beschließen.

Nachtfahrverbot für Lastwagen beschlossen

So wurde der bereits beschlossene Bau der Ortsumgehung in Jebenhausen noch einmal beschlossen und damit zu einem Teil des Lärmschutzplanes erklärt – gegen die Stimmen der Grünen, die argumentierten, man könne nicht immer nur Ortsumfahrungen bauen, sondern müsse mehr Fantasie aufwenden. Die Sanierung von Straßenbelägen wird mit 200 000 Euro pro Jahr fortgeführt, als nächstes stehen die Göppinger Straße in Holzheim und die Ortsdurchfahrt in Bezgenriet auf dem Programm. Dieser Beschluss fiel einstimmig. Die Stadträte waren sich ebenfalls einig, dass die Stadt ein Zuschussprogramm für den Einbau von Lärmschutzfenstern in besonders belasteten Gebieten erarbeitet, etwa entlang der Östlichen Ringstraße und der Lorcher Straße. Zustimmung gab es auch noch für ein Nachtfahrverbot für Lastwagen in den Ortsdurchfahrten von Faurndau, Holzheim und Jebenhausen sowie für eine grundsätzliche Förderung des öffentlichen Nahverkehrs.

Für die höchst umstrittene Temporeduzierung stimmten – wie vorauszusehen gewesen war – am Ende nur die Grünen. Mit 26 Nein-Stimmen und einer Enthaltung hat der Gemeinderat das Thema fürs erste beerdigt.