Eltern fühlen sich häufig überfordert, wenn ihre Kinder in die Pubertät kommen und plötzlich alles in Frage stellen. Die Göppinger Beratungsstelle von Pro Familia bietet Müttern und Vätern Unterstützung an. Seit Mai gibt es dort eine Selbsthilfegruppe für Eltern.

Göppingen - Plötzlich kommt der sonst so aufgeweckte Sprössling nicht mehr aus dem Bett, ist muffig und kaum noch zu ertragen – die Pubertät hat es in sich. Nicht nur Kinder fühlen sich allein gelassen, auch viele Eltern sind überfordert. Diese Mütter und Väter will die Göppinger Beratungsstelle von Pro Familia unterstützen. Seit Mai trifft sich in den Räumen der Pro Familia in der Grabenstraße 1 alle vier bis sechs Wochen eine Selbsthilfegruppe für Eltern pubertierender Kinder. Mit diesem Angebot betritt die Göppinger Einrichtung Neuland.

 

„Viele Eltern haben das Gefühl, mit ihren Problemen allein zu sein, da hilft es manchmal schon, wenn sie sich aussprechen können“, sagt die Psychologin Mary Murphy-Neuburger. Sie leitet die Selbsthilfegruppe. Denn nicht nur für die Kinder sei die Pubertät eine schwierige Übergangsphase, auch viele Eltern würden sich damit sehr schwer tun. „Die Situation ist ja nicht nur für die Kinder neu, sondern auch für die Erwachsenen.“

Noch sind Plätze in der Gruppe frei

Wichtig ist Mary Murphy-Neuburger, den Müttern und Vätern in der Gruppe die Regie zu überlassen und selbst im Hintergrund zu bleiben. Seit die Gruppe im vergangenen Mai ins Leben gerufen wurde, hat sie mehrfach beobachtet, dass sich so manche Schwierigkeit in Luft aufgelöst hat. „Wenn sich die Eltern austauschen können, dann nimmt das schon viel Druck weg, weil sie entdecken, dass andere die genau gleichen Probleme haben.“ Sie hofft, dass sich das neue Angebot der Pro Familia noch stärker herumspricht. Denn zurzeit kommen lediglich drei Mütter regelmäßig. „Gut wäre es, wenn es acht Personen wären.“

Bei den Gesprächen wird nicht um den heißen Brei herumgeredet. „Oft kommen Themen zur Sprache, über die sich die Mütter und Väter außerhalb der Gruppe niemals äußern würden“, sagt Mary Murphy-Neuburger. Da alle im gleichen Boot säßen und sich im geschützten Raum wüssten, müsse auch niemand damit rechnen, dass über ihn den Stab gebrochen werde. „Da ist einfach viel Verständnis da.“

Das Gehirn ist wie eine Baustelle

Dass Kinder in der Pubertät schwierig werden, liege daran, dass das Gehirn wie eine große Baustelle sei, erklärt die Psychologin. Das führe zu Problemen. „Teenager sind risikobereiter, haben keinen Zukunftsplan und oft keine Motivation.“ Viele Eltern ängstige das, vor allem weil sie spürten, dass sie ihre Kinder nicht mehr erreichten. Im Austausch mit anderen Eltern könnten Strategien entwickelt werden, wie man dem Kind Verständnis entgegen bringen und gleichzeitig seinen eigenen Standpunkt behalten könne. Die Mütter hätten seit Mai größere Sicherheit gewonnen im Umgang mit ihren pubertierenden Kindern. Noch schwieriger werde die Situation, wenn sich zu der Pubertät noch psychische Probleme gesellten, etwa bei Mädchen und Jungen mit Magersucht. Auch in diesem Fall könne es helfen, sich der Gruppe anzuvertrauen. Denn manchmal habe jemand eine ähnliche Situation schon durchlebt und könne Ratschläge geben. So sei es gerade bei Essstörungen wichtig, den Teenagern zu signalisieren, dass man sie ernst nehme und auch verstehe, gleichzeitig aber ihre Auffassung, sie seien zu dick, nicht teile. Wenn zu den „normalen“ Schwierigkeiten der Pubertät noch psychische Probleme hinzukämen, hilft Mary Murphy-Neuburger mit Adressen von anderen Beratungsstellen oder auch psychiatrischen Einrichtungen weiter. Denn manchmal sei eine zusätzliche Hilfestellung erforderlich.

Das nächste Treffen

Die Selbsthilfegruppe „Mein Kind ist in der Pubertät“ trifft sich an diesem Donnerstag um 18 Uhr bei der Pro Familia in der Grabenstraße 1. Das nächste Treffen findet im Februar statt. Informationen bei Mary Murphy-Neuburger unter mary.murphy-neuburger@profamilia.de oder unter 0 71 61/50 44 60