Das Hohenstaufen-Gymnasium will wieder G 9 einführen. Im Kreis Göppingen gibt es aber schon ein neunjähriges Gymnasium. Fällt die Entscheidung noch diese Woche?

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen- Für manche Themen sind unsere Schüler im G 8 einfach noch zu jung.“ Martina Wetzel, die Schulleiterin des Hohenstaufengymnasiums, möchte den Schülern mehr Zeit für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit lassen. Im Vergleich zu den Abiturjahrgängen früherer Jahre, seien die heutigen Abgangsschüler „deutlich unfertiger“. Wetzel hat deshalb den Antrag auf die Teilnahme ihrer Schule am Modellversuch G 9 gestellt.

 

Die Rektorin hat Rückendeckung von Lehrern und Eltern

Unterstützt wird die Rektorin von Lehrern, Eltern, dem Göppinger Gemeinderat und den Landtagsabgeordneten aus dem Kreis von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Am Donnerstag will das Kultusministerium die Namen der 22 Schulen veröffentlichen, die in der zweiten Tranche den Zuschlag für die Teilnahme an dem landesweiten Schulversuch G 9 erhalten. 44 Schulen bekommen die Chance, je eine pro Kreis. In Stuttgart sind laut den SPD-Abgeordneten aber 73 Anträge eingegangen.

Namentlich der Grünen-Vertreter im Landtag, Jörg Matthias Fritz , weckt bei den Göppingern nun die Hoffnung, dass statt einem G-9-Gymnasium nun ein zweites kommen könnte. Fritz hofft, dass der neue Kultusminister Andreas Stoch landesweit zusätzlich sieben G-9 Anträge bewilligen wird. Im Kreis Göppingen hat das Hefensteingymnasium in Geislingen G 9 bereits wiedereingeführt. Da der Weg nach Geislingen für Kinder aus dem Raum Göppingen schlichtweg zu weit sei, brauche der Kreis ein zweites G 9-Gymnasium, wird gefordert. Das Hohenstaufengymnasium würde diese Lücke gerne füllen.

Jungen entwickeln sich meist langsamer als Mädchen

Pädagogische Gründe stehen im Vordergrund für den Antrag aus Göppingen. Von einer um ein Jahr längeren Schulzeit profitierten vor allem auch die Jungen, begründete Wetzel ihren Antrag. Der bundesweite Bildungsbericht des vergangenen Jahres zeige, das Jungen zu geringeren Anteilen das Abitur erwerben und in der Bildungsdiskussion häufig als Bildungsverlierer bezeichnet werden müssen. Durch G 9 sollten sie Gelegenheit erhalten, sich den Stoff auf eine ihnen angemessene Art und Weise anzueignen, hofft Wetzel. Vom dem zusätzlichen Schuljahr könnten aber auch Kinder profitieren, die bereits mit fünf Jahren eingeschult worden sind, mit Handicaps zu tun haben und per Inklusion in der Regelschule unterrichtet werden. Auch der Übergang von Realschülern aufs Gymnasium sei leichter machbar. Ein zusätzliches Schuljahr nutze außerdem Jugendlichen, die später in die Pubertät kommen und damit Zeit gewännen sich zu sammeln, bevor ein der Kursstufe angemessenes höheres Abstraktionsvermögen verlangt wird.

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Der Reifesprung vor dem Abitur bleibt aus

m aktuellen achtjährigen Betrieb hat Wetzel das Fehlen des sonst so typischen Reifesprungs im Schuljahr vor dem Abitur ausgemacht. Das wirke sich gravierend auf die individuelle Lebensplanung der Schüler aus. Vergleicht man Schüler aus dem Abiturdoppeljahrgang miteinander, so sei festzustellen, dass sehr viel mehr G 9-Schüler direkt mit der Ausbildung oder dem Studium beginnen wollten als G 8-Schüler. Bei ihnen sei der Anteil höher, die ein Orientierungsjahr als Au Pair, als Bundesfreiwilligendienstler oder beim Auslandsprogrammen einlegten.

Nur noch 30 Wochenstunden in G 9

Die Schulleiterin hofft, dass den Schülern dank G 9 mehr Zeit für Hobbys, Vereinsarbeit und das so wertvolle Nichtstun bleibe. In den Klassen fünf bis acht sieht der Stundenplan lediglich 30 Wochenstunden und ein Mal pro Woche Nachmittagsunterricht vor. Die zweite Fremdsprache solle erst in der siebten Klasse beginnen, Physik könnte sich in die achte, Chemie in die neunte Klasse nach hinten verschieben. Weil die Schule das bilinguale Profil mit Englisch anbietet und eine parallele Führung von G 8 und G 9 zu viele Differenzierungen mit sich brächte, möchte Wetzel die gesamte Schule mit ihren jeweils drei Jahrgangsklassen auf G 9 umstellen.

Die Rektorin hatte mit dem Antrag gewartet, weil für den ersten Durchgang des Modellversuchs im aktuellen Schuljahr 2012/2013 nur Gymnasien mit mindestens vier parallelen fünften Klassen zur Teilnahme zugelassen worden waren. Diese Voraussetzungen wurden im Zuge der teils heftig geführten öffentlichen Debatte um den landesweiten Schulversuch im vergangenen Sommer schließlich aufgeweicht.

Der Antrag des Hohenstaufengymnasiums ist vom Göppinger Gemeinderat unterstützt worden. Auch Peter Hofelich und Sascha Binder, die beiden SPD-Landtagsabgeordneten aus dem Kreis, sind für weitere G 9-Gymnasien im Kreis und haben sich dafür in Briefen ans Kultusministerium stark gemacht. Neben dem Göppinger Hohenstaufengymnasium haben sich auch das Michelberggymnasium in Geislingen und das Erich-Kästnergymnasium in Eislingen um die Teilnahme am G 9-Modell beworben.