Bunt und fröhlich, aber doch immer gleich? – Von wegen: der Göppinger Maientagsumzug konnte auch in diesem Jahr wieder mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Die einen können es sich nicht anders vorstellen, den anderen ist es ein Graus: der Göppinger Maientag und seine Traditionen. Jedes Jahr dasselbe Programm? Mitnichten – wie ein etwas anderer Blick auf das Festgeschehen zeigt.

 

Routine: Kurz vor halb zehn: die Familie Lang hat am Rand der Grabenstraße schon Position bezogen. Klappstühle, ein Tischchen, Kaffee für Mama und Papa, Kaba für die Kinder. Frühestens in einer Stunde kommt der Festzug hier vorbei. Vater Markus nennt den Grund für das frühzeitige Erscheinen: „Der Platz ist optimal. Wir frühstücken hier immer gemütlich, beobachten das bunte Treiben, und sollte es regnen, verlegen wir unser Picknick zwei Meter weiter unter das Vordach eines Ladens.“

Rede: Die Festansprache von Oberbürgermeister Guido Till hielt in diesem Jahr ebenfalls Überraschendes parat. So erfuhren die 1000 Besucher, dass die Turmbläser den Göppinger Nationalfeiertag am frühen Morgen eingeläutet (!) hätten. Und dann gab der Rathauschef der Maientagskommission gleich noch einen Arbeitsauftrag mit auf den Weg. Im nächsten Jahr solle die Umzugsstrecke doch bitteschön über den frisch renovierten Schlossplatz führen, wünschte sich Till. Das gab es ja noch nie.

Räte: Am Tag vor der Kommunalwahl schritt selbstredend auch der Gemeinderat feierlich und fast komplett durch die Straßen der Hohenstaufenstadt, schick gekleidet, mit einem breiten Lächeln in den Gesichtern und Blümchen am Revers. Über den Linken-Stadtrat Christian Stähle schüttelte der eine oder andere Kommunalparlamentarier, ausnahmsweise einmal stumm, den Kopf. „Mein Herz schlägt links für GP“, prangte in roten Lettern auf dessen weißem Hemd. Wahlkampf? – „Nun, wenn er’s braucht“, war die allgemeine und mithin gelassene Reaktion seiner Ratskolleginnen und -kollegen.

Regen: Als das Maientagslied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud’“ verklungen war und sich der Tross in Bewegung gesetzt hatte, passierte das Unglaubliche: Es regnete. Gut, hin und wieder hatte es in den vergangenen Jahren mal vor und nach dem Festzug getröpfelt. Aber während der musikalisch umrahmten Parade der Schulen, Vereine und Kapellen habe es schon ewig keinen Regen mehr gegeben, beteuerte Anna Wagner. Sie muss es wissen, denn sie hat seit mindestens 40 Jahren keinen einzigen Maientag verpasst.

Rückkehr: Bereits 1947, bei der Wiederauferstehung des Göppinger Friedens- und Heimatfestes nach dem Zweiten Weltkrieg, ist Hans Bernlöhr dabei gewesen. Er ist als Schüler, als Lehrer und als Gemeinderat mitmarschiert. Im vergangenen Herbst ist der 81-Jährige zwar aus dem Ratsgremium ausgeschieden. „Seinen“ Maientag ließ er sich dennoch nicht nehmen. Als Mönch gewandet, grüßte er huldvoll für den Stift der österreichischen Partnerstadt Klosterneuburg, in die beifallklatschende Menge.

Räder: Natürlich rollten auch wieder zahlreiche Umzugswagen durch Göppingen – mit zwei tierischen Premieren. „Tigerente soll bleiben“, insistierte die Stadt, die möchte, dass die SWR-Kindersendung Tigerenten Club weiterhin im Stauferpark produziert wird. Symbolische Unterstützung gab es von der französischen Partnerstadt Pessac. Die Jumelage-Freunde aus Aquitanien hatten einen violettfarbenen Citroën 2 CV, umgangssprachlich Ente genannt, mit ins Schwabenland gebracht.

Rummel: Kaum war der Festzug vorüber, kehrte in der Innenstadt wieder Ruhe ein. Gegen Mittag verlagerte sich das Festgeschehen auf den Rummelplatz. Und dort war wieder alles wie immer und ganz traditionell: Bierzelt und Kletterbäume, Luftballonwettbewerb und Sportvorführungen, Auto-Scooter und Riesenrad.