Die Welt der Berufskraftfahrer hat sich verändert. Doch die mächtigen Fahrzeuge bleiben faszinierend – darauf setzen die Spediteure aus dem Kreis bei einem Aktionstag. Denn sie brauchen dringend Nachwuchs. Speziell für Wackler dräuen weitere Schwierigkeiten: Die Stadt denkt über ein Nachtfahrverbot nach.

Göppingen - Gabriele Schwarz, die Prokuristin der Spedition Wackler, ist zufrieden. Der Aktionstag mittelständischer Speditionen aus dem Kreis Göppingen ist noch nicht zu Ende, da weiß sie bereits von mindesten drei Jugendlichen, die eine Ausbildung als Berufskraftfahrer beginnen wollen. „Und was uns besonders freut, ist, dass heute wegen des gleichzeitig stattfindenden Girls Days auch viele junge Frauen hier waren und sich über den Beruf informiert haben.“

 

Landauf, landab kämpfen die mittelständischen Logistikunternehmen mit Schwierigkeiten. Zum einen gehen den Spediteuren die Fahrer aus. Denn die Branche hat ein zweifelhaftes Image. Immer weniger Jugendliche haben Interesse an einer beruflichen Zukunft als Lastwagenfahrer. „Das ist doch klar“, sagt Schwarz. „Wenn im Sonntagabendkrimi ein Mord geschieht, wo findet der statt? Auf dem schmuddeligen Hinterhof einer Spedition.“

Druck durch große Konkurrenten

Zu den Nachwuchssorgen kommen der zunehmende Druck durch große Konkurrenten wie DHL oder UPS und die vielen Umwälzungen in der Branche, etwa das halbautomatische Fahren, an dem zurzeit geforscht wird, ebenso die steigende Bedeutung der Informationstechnologie.

Schwarz und ihre Kollegen Franziska Haller von der Gotthold Haller Spedition in Ebersbach und Jochen Zeh von der Spedition Wiedmann und Winz in Geislingen sind dennoch überzeugt, dass ihre Fahrer auch künftig einen sicheren Arbeitsplatz haben. Denn „auch wenn der Wagen selber fährt, braucht man jemanden, der im Notfall eingreifen, der ein- und abladen und rangieren kann“, erläutert Schwarz.

Die Spediteure haben auf dem Parkplatz der EWS-Arena Lastwagen, Sattelschlepper, Seitlader und andere Gefährte auffahren lassen. Sie hoffen, dass beim einen oder anderen der jungen Besucher ein Fünkchen Trucker-Romantik überspringt. Denn am wichtigsten ist ihnen, etwas gegen den Nachwuchsmangel zu tun. „Wir würden gerne jedes Jahr fünf bis sechs Lehrlingen einstellen“, berichtet Schwarz. Tatsächlich seien es aber meist nur zwei oder drei, von denen dann noch der ein oder andere abspringe. Ähnlich sieht es bei ihren Kollegen aus. „Uns ist eigentlich egal, wo jemand seine Ausbildung macht. Wir wollen, dass die Zahl der Lehrlinge insgesamt steigt. Davon profitieren wir alle“, bestätigt Jochen Zeh.

Spediteure beschäftigen 380 000 Menschen

Auch die Politik hat großes Interesse daran, dass die Spediteure die Krise meistern. „Im Land gibt es 20 000 mittelständische Logistikunternehmen bei denen 380 000 Menschen beschäftigt sind“, berichtet die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi. Die Logistik sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und werde gebraucht, wenn es der Industrie weiter gut gehen solle. Irgendwie müssten die Waren schließlich zum Kunden kommen. Früher, so erinnert Razavi, hätten viele junge Männer ihre Begeisterung für den Beruf während des Wehrdienstes entdeckt. Denn dort hätten viele den Lkw-Führerschein gemacht.

Künftig sollen dafür gemeinsame Aktionen der Spediteure sorgen. Auch die bei Wackler angesiedelte neue Schwarz-Akademie, in der nicht nur firmeneigene Fahrer geschult werden, sondern auch Externe den Lastwagen-Führerschein machen können, soll dazu beitragen.

Stadt plant Nachtfahrverbot in Holzheim

Göppingen - Möglicherweise steigen die Chancen der lärmgeplagten Anwohner der Holzheimer Ortsdurchfahrt auf etwas mehr Ruhe. Denn die Stadt Göppingen plant im kommenden Jahr ein nächtliches Durchfahrverbot für Lastwagen zu erlassen. Die Sache hat allerdings einen Haken: Ein großer Teil der Fahrten geht auf das Konto der Spedition Wackler, die ihren Sitz am östlichen Ortsende in Richtung Schlat hat. Würde ein solches Verbot auch für sie gelten, „dann können wir unseren Laden dicht machen“, sagt die Prokuristin Gabriele Schwarz. Wird die Spedition als Anlieger vom Durchfahrverbot ausgenommen, ist die Frage, ob die neue Regelung noch viel mehr als eine Beruhigungspille für die Anwohner ist.

Sobald der Weiterbau der B 10 bis Gingen-Ost im kommenden Jahr fertig ist, soll die Ortsdurchfahrt von Holzheim von einer Landesstraße zu einer Kreisstraße herabgestuft werden. Dann kann die Stadt das Durchfahrverbot umsetzen. Wie es im Einzelnen gestaltet wird, ist offen. Denn es gibt noch keine aktuellen Zahlen zum Verkehrsaufkommen. Man habe vor kurzem eine Zählung gemacht, die Auswertung läge aber noch nicht vor, berichtet der Stadtsprecher Olaf Hinrichsen. Bis in einigen Wochen wisse man vermutlich mehr. Dann werde geprüft, wie das Durchfahrverbot am besten umgesetzt werden könne.

Unternehmen rechnet mit Sonderregelung für Anlieger

Anwohner klagen seit Jahren über den zunehmenden Schwerverkehr. Viele Lastwagen nutzen die Strecke offenbar, um von Göppingen über Holzheim und Schlat ins obere Filstal, etwa nach Deggingen, zu kommen und von dort weiter auf die A 8. Dabei könnten sie inzwischen längst die B 10 nutzen, die mittlerweile an Holzheim vorbei bis Süßen führt. Von dort bringt eine Ausfahrt die Fahrzeuge auf die Verbindung durch den Schlater Wald und dann ebenfalls nach Deggingen. Zudem sind auch jede Nacht Fahrzeuge von Wackler unterwegs, die aus Göppingen über die Ortsdurchfahrt direkt aufs Firmengelände fahren. Müssten sie jedes Mal den Umweg über Süßen und Schlat nehmen, wäre das auf Dauer nicht finanzierbar, sagt Schwarz.

Das geplante Verbot sei in der Firma natürlich ein großes Thema, berichtet Schwarz. Man sei im Gespräch mit dem Rathaus und gehe derzeit davon aus, dass man – wie üblich – als Anlieger von dem Verbot ausgenommen werde.