Göppingen ist eine Spielzeugstadt. Das wird demnächst nicht nur in der neuen stadtgeschichtlichen Ausstellung deutlich, sondern auch vor dem Stadtmuseum. Dort grasen bald drei lebensgroße Ostheimer-Pferde.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Die Holzspielfiguren der Firma Ostheimer dürfen in keinem Kinderzimmer einer echten Waldorf-Familie fehlen. Demnächst wird eine kleine Herde von Ostheimer Pferden aber auch vor dem frisch sanierten Göppinger Stadtmuseum grasen – und zwar nicht als Spielzeug, sondern im lebensgroßen Maßstab. Stattliche 2,50 Meter vom Huf bis zur Ohrspitze messen die erwachsenen Tiere. Hinzu kommt ein etwas kleineres Fohlen. Früher hätten hier, auf dem ehemaligen Marstallgelände, die adeligen Herren derer zu Liebenstein ihre Rösser gesattelt, sagt Ute Eisele vom Fachbereich Tiefbau, Umwelt und Verkehr. Bald sollen hier Kinder auf bunten Holzpferden herumklettern.

 

Spielwaren spielen eine große Rolle

„Wir wollten nicht einfach nur ein Wipptier aufstellen“, sagt der Stadtarchivar Karl-Heinz Ruess. Spielcharakter sollten die Stücke zwar haben, aber eben auch zum Museum passen. Gerade ist der promovierte Historiker dabei, in dem 1536 erbauten, ältesten Wohnhaus der Stadt die komplett neu konzipierte Ausstellung zur Göppinger Stadtgeschichte einzurichten. Drei Jahre lang wurde das Schlösschen, das seinen heutigen Namen Storchen einer dort gegründeten Narrengesellschaft verdankt, für insgesamt mehr als zwei Millionen Euro saniert.

Die Spielwarenindustrie werde in der künftigen Schau eine bedeutende Rolle zukommen, sagt Ruess. „Die Firma Märklin kennen alle“, doch auch die Produktion von Holzspielzeug sei lange eine Göppinger Spezialität gewesen. Von 1841 bis 1984 stand der Name der Gebrüder Schmohl und später ihre Marke Pax für die fabrikmäßige Herstellung von Schaukel- und Steckenpferden und allerlei Holzfahrzeugen. Die Manufaktur der Firma Konrad Konrad Keller schrieb mit ihrem einst nach modernsten Designgrundsätzen kreierten, lediglich aus Brettern zusammengesetzten Schaukelpferd gar Spielzeuggeschichte. Als sich Plastik in den Kinderzimmern immer mehr durchsetzte, kam für beide Unternehmen das Aus.

Der Waldarbeiter-Weltmeister zückt die Säge

Die Firma Ostheimer im zehn Kilometer entfernten Zell unter Aichelberg arbeite aber im Grunde noch ganz ähnlich, sagt Ruess. Bei dem Zeller Unternehmen freute man sich über den Auftrag aus der Kreisstadt. Allerdings habe man sich für die Bearbeitung Hilfe geholt, sagt die Mitgeschäftsführerin Sibylle Engstrom, eine Enkelin der Firmengründer Walter und Adeline Ostheimer. Weder in der Werkstatt der 35 Mitarbeiter zählenden Firma, noch unter den 100 vertraglich gebundenen Heimarbeitern wagte sich jemand an das große Werkstück. So legte Markus Wick aus Gerstetten, Teamchef der Waldarbeiter-Nationalmannschaft, seine Säge an.

Für Ostheimer könnten sich die großen Figuren übrigens noch zum Geschäftsfeld entwickeln. Schon bei der Landesgartenschau im vergangenen Jahr in Schwäbisch Gmünd habe man ein Wäldchen mit großen Dachsen, Füchsen und Rehlein bestückt. „Das stieß auf reges Interesse“, sagt Sibylle Engstrom. Demnächst wolle man solch große Figuren auch am Firmensitz aufstellen. Doch zunächst werden die Göppinger Pferde in Zell angemalt. Bis zur Eröffnung der neuen Ausstellung am 19. Juni werden die Schimmel frisch gesattelt bereit stehen.