Die kriminelle Inkompetenz habe die Überführung ermöglicht: Die Staatsanwaltschaft fordert sieben bis acht Jahre Haft für die vier Täter.

Ludwigsburg - Nach rund 60 Verhandlungstagen steuert der Goldraub-Prozess am Stuttgarter Landgericht auf ein Urteil wohl noch vor Weihnachten zu. In ihrem Schlussplädoyer forderte die Staatsanwaltschaft am Montag zwischen sieben und acht Jahre Haft für die vier geständigen Angeklagten. Deren Verteidiger sprachen sich vor der 19. Großen Strafkammer für geringere Strafen aus. Zuvor war der Prozess gegen einen fünften mutmaßlichen Tatbeteiligten im Alter von 23 Jahren, der sich vor Gericht bislang nicht geäußert hat, abgetrennt worden und soll nun separat verhandelt werden.

 

Welche Rolle ein sechster mutmaßlicher Mittäter bei dem Coup gespielt hat, wird bereits in einem getrennten Prozess am Landgericht untersucht. „Was Sie fast auf den Tag genau vor zwei Jahren getan haben, war weder eine Köpenickiade noch ein Spitzbubenstück“, sagte der Staatsanwalt Thomas Schek. Vielmehr handle es sich um eine schwerkriminelle Straftat – im Einzelnen um räuberischen Angriff, Freiheitsberaubung, körperliche Misshandlung und Amtsanmaßung.

Kriminelle Inkompetenz

Die geständigen 26 bis 29 Jahre alten Männer, die alle aus dem Raum Bonn stammen, sollen am 15. Dezember 2009 auf der Autobahn bei Ludwigsburg einen Goldtransporter ausgeraubt haben. Sie hatten sich dabei als Polizisten verkleidet und als Steuerfahnder ausgegeben. Die beiden Fahrer fesselten sie mit Handschellen und setzten sie in einem Waldstück aus. Von der Beute – 120 Kilogramm Gold im Wert von rund 1,7 Millionen Euro – fehlt jede Spur.

Den Männern war man durch Hinweise aus der Bevölkerung, abgehörte Telefonate und DNA-Spuren auf die Schliche gekommen. Dies sei Ergebnis der ausgezeichneten Ermittler bei der Polizeidirektion Ludwigsburg, so die Staatsanwaltschaft. Allerdings sei dies nur ermöglicht worden durch die „kriminelle Inkompetenz“ des bislang nicht geständigen 23-Jährigen, der sich fortan in einem separaten Verfahren verantworten muss.

„Er trug bei der Tat keine Handschuhe, obwohl der Polizei seine DNA bekannt war“, sagte Thomas Schek. Vor Kumpels habe er mit seiner Tat geprahlt. Und dann habe sich der Arbeitslose auch noch für 20.000 Euro eine echte „Proletenkarre“ – einen Hummer – gekauft. „Die Angeklagten verdanken es ihm, dass man sie überführen konnte“, so der Staatsanwalt. Falls das Urteil gegen die vier Geständigen bald rechtskräftig wird, könnte es sein, dass sie dann gegen ihren ehemaligen Komplizen aussagen müssen.

"Eher ein Trickdiebstahl statt Raub"

Einer der mutmaßlichen Goldräuber, der 29-jährige Gangster-Rapper Xatar alias Giwar H., sagte am Montag vor Gericht, dass er die Tat zutiefst bereue. Seine Haftzeit habe ihn Gott näher gebracht. „Es geht nicht nur um schöne Autos, Party und Geld.“ Das wisse er jetzt. Unter anderem hätten ihn Gespräche mit Mithäftlingen, die ihn als Vorbild sähen und sich mit seiner Musik für Straftaten motiviert hätten, geschockt.

Bis dahin habe er sein musikalisches Schaffen immer nur im Marketing-Rahmen von „Sex and Crime sells“ gesehen. „Im Knast habe ich daher neue Songs geschrieben“, sagte der Rapper und zitierte Passagen wie: „Ich muss durch die Hölle, um in den Himmel zu kommen“, oder „Wie konnte ich nur so werden? Meine Eltern verdienen ihr Geld doch ehrlich“. Der Verteidiger des 29-Jährigen sagte, dass er die Tat nicht bagatellisieren wolle.

„Aber es war schon eher ein Trickdiebstahl statt Raub.“ Schließlich hätten die Männer keine Waffen dabei gehabt, so dass keine konkrete Gefährdung für die Transporterfahrer bestanden habe. „Der Strafrahmen ist daher zu hoch gegriffen.“ Für umfassende Geständnisse hatte das Gericht den Männern bereits im Mai Höchststrafen von sieben bis acht Jahren in Aussicht gestellt. Dies sei zwar vertretbar, so Staatsanwalt Schek. „Jeder Monat, der weniger verhängt würde, wäre aber unbegründet.“ Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.