Markus Müller war schon als Student Geschäftsmann. Irgendwann hatte er genug davon, suchte das Weite – und führt nun in Südafrika eine Pension.
Göppingen - Wer Markus Müller kennt, der kennt die Leichtigkeit.“ So stand es vor neun Jahren in einem Artikel der Stuttgarter Zeitung, als der damals 44-Jährige seine Koffer packte und seiner Heimat Göppingen Lebwohl sagte. Er wollte sich auf das zwar wohlkalkulierte, aber eben doch ungewisse Abenteuer eines Neubeginns inK der Fremde einlassen.
Achteinhalb Jahre später strahlt Markus Müller selbst durch das Telefon über Tausende Kilometer entfernt immer noch dieselbe Gelassenheit und Zufriedenheit aus. „Ich habe alles richtig gemacht“, sagt er entschieden – und blickt dabei auf eine der schönsten Buchten des Indischen Ozeans an der südafrikanischen Küste. In Knysna an der Garden Route betreibt Müller heute mit seiner Lebensgefährtin Christiane Heißwolf zwei gutgehende Gästehäuser.
Der Unternehmer steigt aus
Die Auswanderung vor einigen Jahren war alles andere als aus der Not geboren. Markus Müller war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Seine Computeranimationsfirma 3D-Madness war im Aufwind, doch er verkaufte sie an seinen damaligen Kompagnon und ersten Mitarbeiter. Markus Müller hatte die Firma während seines Studiums gegründet. Er hatte entdeckt, dass sich Architektur-Modelle auch am Rechner entwickeln lassen und dass dafür eine Nachfrage besteht. Zuvor hatte er mit englischen Motorrädern gehandelt, nebenbei einen Club geleitet und später den Kulturverein Fabrik Kunst und Kultur in der Göppinger Chapel mit aufgebaut.
Als das Unternehmen zunehmend den Alltag zu beherrschen drohte, stieg er lieber aus. „Mir wurde das zu obsessiv“, erklärt Markus Müller. Einen Plan B nach dem Ausstieg gab es für ihn zunächst nicht. Er vertraute auf seine Spontaneität und widmete sich vorerst den beiden Obsessionen, die seiner Ansicht nach in den arbeitsintensiven Jahren zuvor etwas zu kurz gekommen waren: Golfen und Reisen.
Ein Jahr gab er sich Zeit, um ein neues Auskommen zu finden. Er machte erst einmal Urlaub in Südafrika, um dort in aller Ruhe Golf zu spielen. Dass er am anderen Ende der Welt, 9500 Kilometer von Göppingen entfernt, auch gleich einen neuen Lebensinhalt findet, war nicht geplant.
Der frisch gebackene Hotelier expandiert
In der Kleinstadt Knysna, deren paradiesische Bucht, umringt von Golfplätzen und Nationalparks, an der Südspitze Afrikas zwischen Port Elizabeth und Kapstadt liegt, hat sich Markus Müller in eine kleine, aber feine Pension verguckt. Wenige Monate später war er der stolze Besitzer des Anwesens. Villa Mulligan hat er das Guesthouse getauft – nach einem Golfbegriff. Der Mulligan erlaubt unter Freunden, beim ersten (verunglückten) Abschlag straflos einen zweiten Ball zu spielen, eine Art kontrolliertes Risiko.
So hatte Müller damals auch seine Auswanderung geplant. Zunächst blieb er noch stiller Minderheitsteilhaber seines Unternehmens, und im Hinterkopf blieb der Gedanke, sich notfalls als Computerspezialist in Südafrika ein zweites Standbein aufbauen zu können. Die Freundin reiste zunächst nur monateweise nach, um nicht alle Brücken nach Deutschland zugleich abzureißen. „Für mich hat sich das aber bald erledigt“, erklärt er jetzt. An ein zweites Standbein war nicht zu denken. Zu sehr nahm ihn der Aufbau seines Guesthouse in Anspruch, so gab er die Teilhaberschaft schon nach einem Jahr auf. „Es hatte keinen Sinn, da irgendwie noch dabei zu sein.“
Stattdessen bereicherte er die Villa Mulligan um eine kleine Golf-Übungsanlage, pflegte Barbecue-Abende mit seinen überwiegend deutschsprachigen Stammgästen, welche die freundschaftliche Atmosphäre schätzen, und hat vor zwei Jahren noch ein zweites Haus erworben. In diesem Jahr eröffnet das Gästehaus Knysna Views erstmals für eine komplette Saison.
Das klingt alles nicht gerade nach einem Lebensabschnitt, der nur zehn Jahre dauern soll, was Markus Müller ursprünglich vorhatte. „Die Lebensqualität hier ist sehr hoch, die Menschen sind alle sehr nett und offen, die Landschaft ist grandios, das Wetter optimal. Warum soll ich nach Deutschland zurückzukehren?“, fragt er. Nicht einmal von der gefürchteten südafrikanischen Kriminalität merke er etwas. „Ich laufe lieber nachts durch Knysna als am Göppinger Bahnhof vorbei. Da hätte ich mehr Angst“, behauptet Müller – wobei er einräumt, dass Knysna diesbezüglich mit Städten wie Kapstadt nicht zu vergleichen sei.
Dieser Text ist ein Teil einer großen Serie über Auswanderer aus der Region Stuttgart