Nun begibt sich auch Google auf den umkämpften deutschen Markt für Musik-Streaming. Apple, der Platzhirsch bei den Download-Angeboten, ist hingegen noch nicht am Start. Die Musikbranche steht vor dem zweiten radikalen Umbruch binnen weniger Jahre.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Google sticht Apple: Am Nikolaustag hat der Internetgigant sein Musikangebot „Play Music All-Inclusive“ in Deutschland gestartet und damit – wie schon in den USA – den Konkurrenten abgehängt. Dort ist Apple erst im Herbst, mehrere Monate nach Google, mit seinem Musikdienst gestartet. Für den Einführungspreis von monatlich 7,99 Euro , später 9,99 Euro, können sich die Nutzer nach einem Gratis-Probemonat aus 20 Millionen Musiktiteln bedienen. Streaming nennt sich die Technologie, bei der nicht nur Musik, sondern auch Videos und Fernsehprogramme direkt aus dem Internet auf die Geräte der Nutzer überspielt werden. Wie von seiner Suchmaschine gewohnt, offeriert Google auf Grundlage der Nutzerdaten auch automatische Empfehlungen für andere Musiktitel.

 

Der Internetgigant hat es nun in Deutschland wie schon in den USA geschafft, sich schneller als Apple mit der Musikindustrie über die Lizenzgebühren zu einigen. Während sich Google mit dem Rechteverwalter Gema noch über eine Lizenz streitet, die es erlauben würde, Musikclips über die Videoplattform Youtube abzuspielen, war man sich bei den Musikrechten nach zähen Verhandlungen einig. Die Gema, die auch mit Anbietern wie Spotify, Veever und Deezer Lizenzverträge abgeschlossen hat, spricht von einer soliden Basis für das Online-Musikgeschäft in Deutschland. „Das erweiterte Angebot von Google Play Music zeigt ein weiteres Mal, dass die Gema Tarife im Onlinebereich etabliert hat, die einerseits unseren Urhebern und ihren Musikverlagen angemessene Vergütungen sicherstellen und andererseits den Ausbau digitaler Musikangebote ermöglichen,“ heißt es in einer Mitteilung.

Apple ist der Marktführer bei Downloads – doch die nehmen ab

Apple ist mit seinem iTunes-Angebot weiterhin der unangefochtene Marktführer bei den Downloads, also wenn Musikstücke als Datei heruntergeladen werden. Doch ein Jahrzehnt nachdem Apple begann, die traditionellen Speichermedien CD und DVD obsolet zu machen, krempelt die Streaming-Technologie den Markt erneut radikal um. Nun wird auch der Import von Dateien überflüssig – die allgegenwärtigen Breitbandanschlüsse und schnelle Mobiltechnologie machen es möglich. Streaming passt zum Trend, dass Musik auf unterschiedlichen Geräten gehört wird.

Laut einer aktuellen Studie im Auftrag des Bundesverbandes der Musikindustrie ist für 38,4 Prozent der Hörer in Deutschland inzwischen das Smartphone das wichtigste Abspielgerät. In den USA ist der Höhepunkt der Musikdownloads schon überschritten: Das Minus von vier Prozent in diesem Jahr hat die Musikbranche überrascht. Allein 2012 sind hingegen die Einnahmen der Streaming-Anbieter in den USA um fast 60 Prozent auf eine Milliarde Dollar (735 Millionen Euro) gestiegen.

Neben Google und Apple, dessen Streamingdienst iTunes Radio wegen zäher Verhandlungen um die Lizenzgebühren auch in den USA erst vor wenigen Wochen an den Start ging, tummeln sich auf dem Markt inzwischen Dutzende von Anbietern Ein großer Spieler auf dem globalen Markt ist die 2008 gegründete schwedische Firma Spotify – die in ihrem Heimatland schon dafür gesorgt hat, dass Streaming im Musikvertrieb inzwischen einen Marktanteil von 70 Prozent hat.

Doch Google bearbeitet den Streaming-Markt besonders konsequent. Mit der Online Box Chromecast, die das Streaming von TV-Sendungen erlaub,t attackiert Google seit dem Sommer in den USA Apples Online-TV. Google profitiert auch von der Tatsache, dass der Marktanteil von Smartphones mit seinem Android-Betriebssystem auf Kosten von Apple gewachsen ist. Die US-Marktforschungsfirma NPD-Group hat in diesem Jahr eine Untersuchung vorgestellt, wonach 54 Prozent der iPhone-Nutzer sagen, dass sie bereit sind, Musikstücke für den Download zu kaufen. Bei Android-Nutzern lag diese Quote nur bei 30 Prozent.

Streaming verändert für die Musikindustrie nach wenigen Jahren die Spielregeln erneut. Während die deutsche Gema die mit Google ausgehandelten Konditionen lobt, drückt in den USA, wo es nicht immer pauschale Lizenzgebühren gibt, das Angebot auf die Preise. „Bei einem Download, der 99 US-Cent kostet, kann ein typischer Künstler vielleicht sieben bis zehn Cents verdienen“, schreibt die „New York Times“: „Spotifiy, Pandora und andere zahlen allerdings jedes Mal wenn ein Lied abgespielt wird, nur Bruchteile eines Cent an Musikfirmen und Rechtebesitzer, von denen wieder nur ein Teil als Tantiemen an Musiker und Komponisten geht.“ Andererseits wird die Gebühr bei jedem Abspielen fällig. Und so ist die Schlüsselfrage für die Branche, wie oft Streaming-Nutzer ein Musikstück hören, und ob sie es am Ende doch kaufen wollen, weil so Musikstücke leichter an Freunde weiterzureichen sind.

Die Konkurrenz
– Der Markt für Musik-Streaming-Dienste ist in Deutschland hart umkämpft. Bei den Kosten für ein Abonnement liegen die Anbieter deshalb nahe beieinander. Das Abo für den heimischen PC gibt es für etwa fünf Euro im Monat. Wer auch mobil zugreifen will zahlt meist das Doppelte.

Der Neuling –
Google liegt mit seinem Angebot, das die Nutzung mit PC und Mobilgeräten einschließt, genau auf diesem Level. Der Musikdienst wird in die bestehende App Google Play eingebaut, wo man Musik auch kaufen oder Titel in Googles Cloud hochladen kann. Auf Mobilgeräten darf man Abspiellisten auch speichern.

Die Lizenzgebühr
– Der Standardtarif für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires im Rahmen von Streaming-Angeboten sieht einschließlich der mobilen Nutzung normalerweise je Kunde und Monat eine Lizenzgebühr von 1,25 Euro vor. Ob Google exakt diesen Preis bezahlt, ist bisher nicht bekannt.