Die Gorch Fock setzt nach langer Pause die im Vorjahr ausgesetzte, skandalumrankte Ausbildung der Offiziersanwärter fort. Im November sticht das Schulschiff wieder in See.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Bei Windstärke sieben bis neun – also im Sturm – segelt die Gorch Fock am besten, sagt der Kenner. Der mediale Orkan hingegen, der in letzter Zeit über sie hinweggefegt ist, hat das Schulschiff fast überfordert. Vor eineinhalb Jahren ließ der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg – vom Boulevard angestachelt – den „Stolz der Marine“ sogar an die Kette legen und eine Stilllegung prüfen. Bald darauf wurde er selbst stillgelegt.

 

Doch die skandalumrankte Ausbildung war erst einmal gestoppt. Eine Verantwortung für weitere Todesfälle, für Schikanen und Frauenfeindlichkeit an Bord wollte niemand mehr übernehmen. Nun hat die Flaute ein Ende: Am Donnerstag läuft die Gorch Fock nach einem langen Werftaufenthalt in ihren Heimathafen Kiel ein und startet mit der Vorausbildung der neuen Crew. Im November wird sie Kurs auf Gran Canaria nehmen.

Bund der Steuerzahler geißelt Geldverschwendung

Obwohl der Dreimaster lange auf dem Trockenen lag, hielt die Kritik an: So geißelt der Steuerzahlerbund die zehn Millionen Euro teure Instandsetzung des Rumpfes, weil die Gorch Fock doch erst Anfang 2010 generalüberholt worden war. Zudem ließ die Marine in Mürwik für 1,4 Millionen Euro einen Übungsmast errichten – als Konsequenz aus den Todesstürzen der Offizieranwärterinnen Sarah Lena Seele in Brasilien und Jenny Böken nahe Norderney. Das Ministerium und der Wehrbeauftragte wollten den verkleinerten Nachbau unbedingt. Seit Kurzem können die Kadetten umgeben von Bäumen statt von rauer See zum Trockentraining in die Takelage steigen. In der Marine gilt der Mast jedoch als ein unrealistisches Klettergerüst und als Feigenblatt für die Öffentlichkeit.

Als ob es nicht genug Negativberichte gegeben hätte, verhöhnte ein Kapitänleutnant die vor vier Jahren ertrunkene Jenny Böken und deren ohnehin verbitterte Familie im Internet. Die Marineführung ermittelt noch immer gegen den Soldaten. Der 13. Gorch-Fock-Chef Helge Risch übernimmt somit ein schwer belastetes Amt. Sein Vorgänger Norbert Schatz war von Guttenberg Anfang 2011 auf dem Südamerikatörn ohne Anhörung suspendiert worden. Mängel in der Dienstaufsicht wurden ihm zur Last gelegt; mittlerweile gilt Schatz als rehabilitiert und leitet das Taktikzentrum der Marine in Bremerhaven.