Die Wilhelma hat eine ihrer größten Tierpersönlichkeiten gefeiert: Die Gorillafrau Mimi lebt seit 50 Jahren im Stuttgarter Zoo. StZ-Kolumnist Erik Raidt würdigt Mimi in einem Brief.

Stuttgart - Sie strahlen die Souveränität einer Frau in ihren besten Jahren aus. Am Mittwochmorgen hat die Wilhelma Sie groß gefeiert: Die Tierpfleger haben vor Ihrem Gehege ein Ehrenspalier gebildet, Fotografen nahmen Aufstellung – alle warteten nur darauf, dass Sie direkt auf die Gemüsetorte zusteuern würden, die Ihnen die Tierpfleger anlässlich Ihres Jubiläums in der Wilhelma liebevoll dekoriert hatten. Sie, liebe Mimi, haben jedoch Ihren eigenen Kopf. Sie drehten eine lässige Ehrenrunde in Ihrer Anlage, pulten Rosinen aus gebastelten Ballons, bevor Sie in aller Gemütsruhe einige Trockenaprikosen vom Tortenrand klaubten, Ihre Finger tief in die Torte tauchten und den Quark genüsslich ableckten.

 

Liebe Mimi, Sie leben seit einem halben Jahrhundert im Stuttgarter Zoo – wenn ich mir Ihre Lebensgeschichte anschaue, sehe ich eine Tierpersönlichkeit mit einem wechselvollen Schicksal vor mir. Sie wurden in Kamerun geboren – niemand weiß ganz genau, wann. Manches aus Ihrer Kindheit liegt im Dunkeln. Vermutlich erschossen Tierjäger Ihre Mutter und nahmen Sie als Jungtier gefangen. Sie sind ein Wildfang, seinerzeit gelangten Zoos noch auf diese Weise an viele Tiere. Heute ist das in Europa glücklicherweise undenkbar.

Gorillas im Breuninger

Am 14. Oktober 1965 kamen Sie mit dem Gorillajungen Schlamper am Frankfurter Flughafen an – aber nach der Quarantäne lebten Sie zuerst nicht im Zoo, sondern im Kaufhaus: Heinz Breuninger hatte der Wilhelma vier Gorillas gestiftet – dafür waren Sie und andere Affen monatelang die Attraktion des Kaufhauses. Es gibt Fotos aus dieser Zeit, die zeigen, wie Sie in einem Eimer sitzen, nur Ihr Kopf schaute heraus. Affen im Breuninger – das müsste man sich heute mal vorstellen – ein Proteststurm würde über das Kaufhaus hereinbrechen.

Sie, liebe Mimi, kamen im Mai 1966 endgültig in die Wilhelma – dort lebten die Affen noch bis 1972 in einer Holzbaracke, bevor endlich das Affenhaus stand. Nach dem Umzug ins neue Haus wurden Sie zum ersten Mal Mutter – doch leider mussten die Pfleger Ihnen Ihre Tochter Mora abnehmen und mit dem Fläschchen großziehen. Sie hatten in der Natur nie beobachten können, wie Mütter ihre Kleinen stillen.