Die Kirchengemeinde hat äußerst positiv auf die Wohnzimmergottesdienste reagiert.

Rutesheim - Es hört sich nach bahnbrechenden Freiheiten an, wenn es jetzt heißt, Gottesdienste sind möglich – ist es jedoch nicht“, sagt die Rutesheimer evangelische Pfarrerin Angelika Rühle. Das bereite den Gemeinden große Probleme, wie das Beispiele der Johanneskirche zeige.

 

In der Regel sind im normalen Sonntagsgottesdienst zwischen 150 und 200 Personen anwesend. Eine Mindestabstandsregel erlaubt im Kirchengebäude derzeit nur 40 bis 50 Personen. Die weiteren Rahmenbedingungen, wie das Hygienekonzept, die Datenerfassung der einzelnen Besucher, die Desinfektionsmaßnahmen der Bänke und Türen, und weitere Vorgaben seien sehr aufwendig. Die Kirchengemeinde will darum für die nächsten Sonntage am 17. und 31. Mai weiterhin Wohnzimmergottesdienste anbieten.

„Wem sage ich jetzt, du kannst nicht eintreten?“

„Wenn ich an Gottesdienst denke, verbinde ich damit eine lebendige und gefüllte Kirche, gemeinsames Singen, herzliche Begrüßung mit dem ein oder anderen Händedruck, eine Band, ein Chor oder am liebsten Blechbläser“, sagt der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Christoph Hussong. „Wem sage ich jetzt, du kannst nicht eintreten?“, schildert er das Dilemma, das sich beim Kirchengemeinderat beim Lesen des Schreibens der Landeskirche vom 2. Mai aufgetan habe.

Der Abstand je Besucher in jeder Richtung zwei Meter, Emporen für alle Besucher gesperrt und Mitwirkenden wird empfohlen, Mund und Nasenschutz zu tragen, gemeinsames Singen ist noch nicht erlaubt. „Bei 150 bis 200 Gottesdienstbesuchern ist das für uns keine Lösung“, sagt Hussong. Somit werde lieber an den nächsten beiden interaktiven Wohnzimmergottesdiensten geplant, nachdem es an Ostern überwältigend viele positive Rückmeldungen gab. „Schaue ich zu Hause auf meinem Bildschirm, sehe ich dort bekannte Gesichter und mir wird bewusst, dass diese zur gleichen Zeit vor der Kamera oder ebenfalls vor den häuslichen Bildschirmen sitzen, dann ist das ein starkes Gefühl der Verbundenheit“, schildert er seine eigene Erfahrung.

Lieder vorher aufgezeichnet

Weil in der Kirche keine DSL-Leitung vorhanden ist, hätte man beim Gottesdienst auf Aufnahmekonserven zurückgreifen müssen, deshalb wurde dieser live aus einem Wohnzimmer moderiert, Lieder wurden mit einem kleinen Team zuvor in der Kirche aufgezeichnet. Lesungen wurden im Vorfeld von Gemeindemitgliedern per Handy gefilmt und so eingespielt.

„Im Gottesdienst wurden uns live mehr als hundert Fotos aus Wohnzimmern der Zuschauer geschickt, die wir im Abspann einblenden konnten. Das verbindet in diesen Zeiten“, freut sich Christoph Hussong Mit Online-Abfragen wurden Gebetsanliegen von Zuschauern eingesammelt und in das Fürbitte-Gebet eingebunden. Fast 1600 Aufrufe wurden bei Youtube verzeichnet und live waren bis zu 300 Geräte zugeschaltet. „Somit lieber in dieser Form noch ein paar Wochen überbrücken, bis Gottesdienste mit etwas mehr Normalität wieder zurück zu lebendigeren Formen in der Kirche führen dürfen“, lautet das Fazit des Kirchengemeinderates.

Weil die ältere Generation der Gottesdienstbesucher mit der digitalen Form aber schwerer erreicht wird, hat der Kirchengemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, vom 14. Juni an eine Lösung zu erarbeiten. Bis dann kann eine DSL-Leitung in der Kirche verlegt werden, sodass der Gottesdienst live in der Kirche mit der erlaubten Anzahl an Besucher stattfindet sowie auch eine Übertragung ins Wohnzimmer gesichert ist.