Der Graffiti-Künstler Christoph Ganter alias Jeroo verschönert im Auftrag der Stadt einen Bauzaun vor der Wilhelma mit Szenen aus dem Zoo. Was nach den Bauarbeiten mit der Holzwand passiert, ist noch unklar. Erste Ideen gibt es aber bereits.

Bad Cannstatt - In den vergangenen Tagen haben sich vor dem Eingang der Wilhelma Menschentrauben gebildet. Aber nicht etwa, weil der Andrang derart groß war oder die Mitarbeiter an der Kasse nicht mehr mit dem Ticketverkauf nachkamen. Die Besucher des Zoologisch-Botanischen Gartens, aber auch Passanten, versammelten sich um Christoph Ganter. Der Graffiti-Künstler mit dem Alias Jeroo hat den Holzzaun, der die Wilhelma von der Baustelle für die neue Stadtbahn-Haltestelle abschirmt, großflächig mit Graffiti bemalt. Das Motiv? Ganz klar: allerlei Tiere!

 

112 Meter lang und mehr als zwei Meter hoch ist die Sperrholzwand. Eine Menge Holz beziehungsweise Leinwand eben. In nur wenigen Tagen hat Chris Ganter es geschafft, beinahe jeden Fleck des Bauzauns mit seinen Sprühfarben zu bedecken. „Ich mache das schon ein paar Jahre, da wird man schneller“, sagt er auf die Frage, wie er das hinbekommen hat, und lacht. Mit zwölf Jahren hat der 34-Jährige erstmals eine Farbdose in der Hand gehalten. Heute ist der Mann, der die halbe Woche auch Englisch- und Sportlehrer an einem Vaihinger Gymnasium ist, in der nationalen und internationalen Sprayer-Szene bekannt.

80 Stunden Arbeit mit der Farbdose

Für Ganter ist es das aufwendigste Einzelwerk, das er je gemalt hat. Zehn Stunden habe er alleine an den Skizzen gesessen. Mit der Dose war er dann am Ende knapp 80 Stunden beschäftigt, schätzt Ganter. Am kommenden Wochenende soll das Kunstwerk fertig werden.

Maximal ein Jahr wird der Bauzaun vor der Wilhelma stehen. Sobald die neue Stadtbahn-Haltestelle fertig ist, kommt er weg. Für Chris Ganter ist das kein Problem. Graffiti sind vergänglich, „das bin ich gewohnt“, sagt er. In der sogenannten Hall of Fame unter der König-Karls-Brücke habe er schon hunderte Bilder gesprüht. „Derzeit sind gerade mal noch zwei zu sehen.“ Was mit der Holzwand nach dem Abbau passiert, ist noch nicht klar. „Wir sind da offen für alle möglichen Ideen“, sagt Florian Schupp von der Jugendhausgesellschaft. Der Graffiti-Beauftragte der Stadt hat das Projekt mit der Verwaltung, der Wilhelma und Ganter geplant. „Vielleicht können wir danach etwas mit der Wand veranstalten“, sagt Harald Knitter, der Sprecher der Wilhelma. „Wir könnten sie für den Artenschutz versteigern“, schlägt er spontan vor.

Zwei weitere Bauzäune wurden bereits verschönert

Es ist bereits das dritte Verschönerungsprojekt dieser Art. Zwischen der heutigen Stadtbahn-Haltestelle und dem Zoo gibt es bereits einen Bauzaun, den gesprühte Elefanten zieren. Er schirmt die Baustelle für den Rosensteintunnel ab, ebenso wie eine weitere, knapp 90Meter lange Wand entlang des Zahntwegs hoch in den Rosensteinpark. Auf dieser bietet sich dem Passanten Bad Cannstatter Panorama: das Klösterle, der Lautenschlägerbrunnen, Schiffe aus der Flotte des Neckar-Käpt’n , der Fluss, Natur und natürlich auch Wilhelma-Tiere. Beide Wände hat der Graffiti-Künstler Marco Engelmann mit drei Helfern gestaltet.

Dass sich die Wilhelma Tiermotive vor ihrem Eingang gewünscht hat, kommt Christoph Ganter sehr entgegen. „Tiere zu malen, liegt mir“, sagt er. Sie würden künstlerisch viel mehr zulassen als zum Beispiel Menschen. „Die Natur hat so eine Vielfalt zu bieten.“ Einen vierstelligen Betrag hat die Stadt jeweils in die Verschönerung der Bauzäune investiert. Der Graffiti-Beauftragte Schupp ist glücklich darüber. Die Projekte dienen seiner Meinung nach nicht nur der Verschönerung, sondern auch dazu, ein heikles Thema positiv zu besetzen. „Die Leute sehen, dass Graffiti nicht immer nur Schmierereien sind“, sagt er. Vorurteile könnten abgebaut werden.

Der Plan geht auf, wie sich dieser Tage vor der Wilhelma zeigt: Kinder und Senioren, Passanten, Zoobesucher und Tierpfleger aus der Wilhelma stehen in einer Traube um Chris Ganter und beobachten, wie er den Eisbär mit letzten Details verziert. Alle sind sich einig: „Das sieht toll aus!“