Nach der Pleite des Windparkbetreibers Prokon soll sich die Finanzaufsicht um den Verbraucherschutz kümmern.

Berlin - Die Bundesregierung will Anleger künftig besser vor unseriösen und riskanten Kapitalanlagen schützen. Für den „grauen Kapitalmarkt“, der bisher kaum von den Behörden kontrolliert wird, sind strengere Regeln geplant. Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin soll künftig auch für Verbraucherschutz zuständig sein. Die Behörde erhält mehr Befugnisse, um beispielsweise bei unsicheren Anlagemodellen Warnhinweise durchzusetzen. Sie kann bald auch den Vertrieb eines Anbieters auf dem „grauen Kapitalmarkt“ beschränken oder sogar vollständig untersagen. Mit den neuen Regeln werde ein Fall wie der des insolventen Windparkbetreibers Prokon nicht mehr vorkommen, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD).

 

In der Hoffnung auf hohe Renditen hatten 75 000 Anleger Prokon ungefähr 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Prokon hatte damit geworben, dass mit der Geldanlage hohe Renditen möglich seien und zugleich der Umweltschutz gefördert werde.

Bei der Vorstellung der Eckpunkte für das geplante Gesetz sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), bestimmte Werbeformen für riskante Geldanlagen sollten künftig nicht mehr erlaubt werden. Schäuble und Maas wollen verhindern, dass wie im Falle Prokons auf großflächigen Plakaten für ein Investment geworben wird, ohne dass die Risiken genannt werden. Schäuble mahnte aber auch die Verbraucher, Kapitalanlagen kritisch zu prüfen. „Wir gehen vom mündigen Bürger aus und können ihm nicht alle Risiken abnehmen“, sagte Schäuble. In den nächsten Wochen soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.

Die Finanzaufsicht soll bei aggressiver Werbung für Finanzprodukte eingreifen. Um unerfahrene Anleger zu schützen, soll Werbung für Vermögensanlagen auf solche Medien beschränkt sein, deren Schwerpunkt in der Wirtschaftsberichterstattung liegt. Die Behörden sollen bei Missständen in der Werbung eingreifen. Die Anbieter von Kapitalanlagen müssen künftig im Informationsblatt zu Vermögensanlagen kenntlich machen, für welche Kundengruppe sich das Angebot eignet. Für sämtliche Vermögensanlagen soll künftig auch eine Mindestlaufzeit eingeführt werden, die mit einer ausreichenden Kündigungsfrist gepaart ist. Damit soll dem Anleger verdeutlicht werden, dass bei der Kapitalanlage ein langer Atem notwendig ist. In Zukunft sei es nicht mehr erlaubt, dass Kapitalanlagefirmen mit dem Argument werben, Sparer könnten jederzeit ihr Geld zurückfordern. Mit dieser Regelung sollen Schneeballsysteme verhindert werden, bei denen neue Kundengelder dazu verwendet werden, um alte Kunden auszuzahlen.

Verbraucherschützer sollen eng mit der Finanzaufsicht zusammenarbeiten

In den Verkaufsprospekten muss auch angegeben werden, wann die Einlagen von bestehenden Kunden fällig werden. Vorgesehen ist, dass die Kunden bei einem Direktvertrieb über die Risiken informiert werden. Es soll ein Vermögensanlagen-Informationsblatt geben, das Kunden unterschreiben müssen.

Die Finanzaufsichtsbehörde soll künftig die Öffentlichkeit über gefährliche Kapitalanlageprodukte informieren. Falls Unternehmen nicht mit den Behörden zusammenarbeiten, werden Warnhinweise auf der Internetseite der Finanzbehörde Bafin veröffentlicht. Die Bafin bekommt auch das Recht, einen externen Wirtschaftsprüfer mit der Kontrolle von Anbietern auf dem „grauen Kapitalmarkt“ zu beauftragen. Dies soll geschehen, wenn Zweifel an der Seriosität des Unternehmens bestehen.

Die Regierung will auch die Rolle der Verbraucherzentralen stärken. Die Verbraucherzentralen, die schon bisher auf Finanzdienstleistungen spezialisiert sind, sollen eine „Marktwächterfunktion“ ausüben, wie es im Eckpunktepapier heißt. Dies bedeutet, dass die Spezialisten für den Verbraucherschutz eng mit der Finanzaufsicht zusammenarbeiten. Falls die Verbraucherzentralen über fragwürdige Geschäftsmethoden informiert werden, sollen sie diese Hinweise an die Aufsicht weitergeben. Der Gesetzgeber will auch dafür sorgen, dass für alle Formen von Kapitalanlagen außergerichtliche Schlichtungsstellen eingerichtet werden. In vielen Bereichen wie etwa bei den Versicherungen gibt es solche Ombudsleute schon.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) unterstützt das Maßnahmenpaket der Regierung. Es sei gut, die staatliche Finanzaufsicht mit einer unabhängigen Marktbeobachtung durch die Verbraucherzentralen zu unterstützen, erklärte VZBV-Vorstand Klaus Müller.