Gregor Meyle hat im Theaterhaus gastiert: als Musiker überzeugend, als Entertainer jedoch etwas seicht und übertrieben gefällig.

Stuttgart - Stilistisch betrachtet ist Gregor Meyle eine verblüffend vielseitige Persönlichkeit. Der Sänger und Gitarrist aus Backnang kann Pop, Rock, Blues, Folk, Jazz und noch einiges mehr; nichts davon spielt er so ganz, aber jedes Genre kompetent und fluffig. Allerdings: „Nur“ Musiker zu sein ist dem 41-Jährigen erkennbar nicht genug.

 

Gerne bespielt Meyle auf der Bühne auch das humoristische Fach, sieht sich in einer Doppelrolle als Entertainer, und wie bei Dutzenden seiner musikalischen und kabarettistischen Kollegen zwischen Bodensee und Kraichgau dreht sich auch bei ihm das meiste um eine selbstironische Bespiegelung der eigenen Wurzeln. Gestelztes Honoratiorenschwäbisch dient ihm als Basis für Gags ebenso wie das echte schwäbische Idiom.

Schwäbisch nur für die Gags

Immer wieder arbeitet er sich in seinen Conferencen an seiner Herkunft ab, kokettiert damit – und verzwergt auf diese Weise ohne wirkliche Not den Musiker in sich übertrieben oft zum Publikumsbespaßer. Dabei weiß Meyle eigentlich recht gut, wie es auch anders gehen könnte. Als sich sein Auftritt im nahezu ausverkauften Theaterhaus am Freitagabend gen Ende neigt, erinnert er mit Wolle Kriwanek nämlich just an jenen Urvater des Schwabenrock, der die Mundart vollkommen unprätentiös und natürlich für Rock und Blues eroberte; auch die Brüder Alex und Georg Köberlein leisteten mit Schwoißfuaß und Grachmusikoff einst übrigens ähnlich Wegweisendes beim Versuch, dem Lebensgefühl der Provinz eine authentische Stimme zu geben.

Meyle hingegen singt seine Lieder – viel Autobiografisches, dazu reichlich Geschichten über das Leben, die Liebe, die Menschwerdung, abgefasst wie Auszüge aus Lebenshilfe-Ratgebern – quasi ausschließlich auf Hochdeutsch, das Schwäbische taugt ihm kaum zu mehr als zu meist matten Kalauern. Auch deshalb fällt es entschieden leichter, sich im Theaterhaus statt für den Entertainer für den Musiker Meyle zu begeistern. Der gefällt, begleitet von einer prächtig disponierten neunköpfigen Band, außer in Pop-Rock-Blues-Folk-Jazz auch in Cajun-Gefilden, und sogar einen Schuss Balkanswing, Reggae oder Karibisches bläst und fiedelt diese Truppe schwungvoll aus ihren Instrumenten.

Nachdenklich, aber positiv und freundlich ist das alles in jeder Hinsicht abgefasst. Sogar für Xavier Naidoo, mit dem er 2014 bei Vox das erste „Sing meinen Song“-Tauschkonzert bestritt, findet Meyle während dieses rund zweistündigen Abends unverändert nette Worte – für einen Musiker also, dessen Qualitäten als Soulsänger mehr und mehr im Zwielicht aus homophoben und rechtspopulistischen Texten und Statements versinken. So liegt eine übertriebene Gefallsucht über diesem musikalisch an sich ansprechenden, aber nach zu vielen Seiten offenen Auftritt. Sollte sich Gregor Meyle künftig um ein etwas schärferes Profil bemühen: Ein Konzertabend mit ihm könnte noch mehr lohnen.