Das abgeschlagene Schlusslicht der Fußball-Bundesliga jagt einen Rekord des schlechtesten Bundesligisten der Geschichte nach dem anderen. Davon lassen sich die Franken aber auch nach dem 3:6 gegen die TSG Hoffenheim nicht unterkriegen.

Fürth - Nehmen wir einmal an, eine Zeitmaschine würde die SpVgg Greuther Fürth zurück zum 23. Mai dieses Jahres beamen. Den 34. Spieltag der vergangenen Zweitligasaison. Zum Duell zwischen der Spielvereinigung und Holstein Kiel um Platz zwei. Was würden die Fürther wohl machen? Würden sie es noch einmal so angehen wie damals und einem 1:2-Rückstand in Unterzahl gegen Fortuna Düsseldorf mit aller Macht hinterherrennen, nur um das große Ziel Bundesliga noch zu erreichen? Oder würden sie sich mit der Erfahrung der vergangenen Monate zurücklehnen, das Spiel ausklingen lassen, um hinterher zu sagen: Was soll’s, hat nicht sollen sein. Dann halt weiter zweite Liga. Glückwunsch Kiel zum Aufstieg!

 

„Zum jetzigen Zeitpunkt nicht bundesligatauglich“

Diese Fragen kommen einem nach dem vergangenen Wochenende in den Sinn, wenn man sich den neuerlichen Auftritt der Franken im Fußball-Oberhaus vor Augen führt. 3:6 (1:2) hieß es dieses Mal, nach einem so packenden wie unterhaltsamen Bundesliga-Spiel gegen die TSG Hoffenheim.

Nur: Neun Tore in einem Spiel nutzen wenig, wenn man sechs davon kassiert, vier davon in einer Phase kollektiven Tiefschlafs binnen 23 Minuten. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bundesligatauglich“, kommentierte Trainer Stefan Leitl knapp.

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Als ob die neuerliche Niederlage nicht frustrierend genug wäre, legten die Statistiker der Deutschen Fußball-Liga (DFL) noch den Finger in die Wunde, als sie im Anschluss die Zahlen zum Spieltag präsentierten. So hatte noch nie ein Team in der Geschichte der Fußball-Bundesliga nach 13 Spieltagen nur einen einzigen Punkt auf dem Konto. Zudem war das 3:6 gegen Hoffenheim die elfte Pleite am Stück. Auch dieses Kunststück hat vor den Kleeblättern noch niemand fertiggebracht. Das „zum jetzigen Zeitpunkt“ kann Leitl in seiner Analyse zur Bundesliga-Tauglichkeit getrost streichen. Fast nicht mehr der Rede wert ist da, dass sie in Fürth in ihrer insgesamt zweiten Bundesliga-Saison nach nunmehr 23 Versuchen noch immer auf den ersten Heimsieg warten.

Tasmania Berlin zittert

In Berlin-Neukölln beginnt deshalb bereits das große Zittern. Das Image als schlechtester Bundesliga-Club der Geschichte hat dem aktuellen Regionalligisten Kultstatus erbracht. Da mag man es nicht, wenn andere nacheifern. In der vergangenen Spielzeit kratzte der FC Schalke 04 an dem einen oder anderen Tasmania-Rekord. Jetzt ist die Spielvereinigung drauf und dran, das Alleinstellungsmerkmal des Hauptstadt-Clubs zu gefährden.

Auch wenn das in Fürth natürlich niemand hören will. Betont sachlich geht man mit der Horrorbilanz um. Bei den Verantwortlichen ist zumindest öffentlich kein Anflug von Galgenhumor oder Sarkasmus zu vernehmen. Stattdessen werden Woche für Woche Durchhalteparolen bemüht. Am Samstag hielt Trainer Leitl das Prinzip Hoffnung aufrecht, indem er an das Beispiel Mainz 05 aus der Vorsaison erinnerte. Damals hatten die Rheinhessen nach der Hinrunde nur sieben Punkte gesammelt, nach 32 in der Rückrunde aber locker den Klassenerhalt geschafft. Also erklärte Leitl: „Vorbild kann und muss Mainz sein. Mit der Art und Weise und der Leidenschaft, wie sie spielen.“ Allerdings ergebe es „keinen Sinn“, jetzt auf die Tabelle zu schauen. „Wir müssen punkten. Wenn wir regelmäßig punkten, dann ist sicherlich alles möglich“, betonte der Münchner.

Trainer Leitl nimmt sich Mainz zum Vorbild

Allein durch Handauflegen wird eine Aufholjagd aber kaum gelingen. Am Ronhof, wo gegen Hoffenheim 3385 Fans ihre Mannschaft treu unterstützten, hofft man auf die baldige Rückkehr der drei verletzten Innenverteidiger Nick Viergever, Justin Hoogma und Gideon Jung. „Dann bin ich sicher, dass wir das stabilisiert bekommen“, sagte Stefan Leitl. Schlimmer kann es auch nicht mehr werden. 39 Gegentore nach 13 Spielen klingt, als sei der nächste Tasmania-Rekord in Gefahr. Die Berliner kassierten in ihrer einzigen Bundesliga-Saison 1965/66 in 34 Spielen 108 Gegentore.

Es macht das abgeschlagene Schlusslicht sympathisch, dass es sich nicht ergibt oder in den Kanon derer einstimmt, die schon immer vor der wachsenden Kluft zwischen den Großen und den Kleinen in der Liga gewarnt haben. Stattdessen versuchen sie es weiter mit teilweise ansehnlichem Offensivfußball. Wenn schon untergehen, dann mit Stil. Zumindest noch, so scheint es, haben sie in Fürth den Aufstieg in die Bundesliga nicht bereut.