Die Griechen gehen mutlos ins neue Jahr: Steuererhöhungen, Preissteigerungen, schrumpfende Einkommen – die Unzufriedenheit mit dem Links-Premier Alexis Tsipras wächst.

Athen - Die Griechen gehen mutlos ins neue Jahr: Steuererhöhungen, Preissteigerungen, schrumpfende Einkommen – die Unzufriedenheit mit dem Links-Premier Alexis Tsipras wächst.

 

Für Angelos Papadimitriou hat 2017 nicht gut begonnen. Der Rentner steht an diesem Mittwochmorgen im Finanzamt des Athener Küstenvororts Voula an. Unter dem Arm hat er zwei abgeschraubte Nummernschilder. „Ich muss mein Auto abmelden, ich kann es mir nicht mehr leisten“, sagt der 68-Jährige. Die Warteschlange auf dem Flur der Steuerbehörde ist lang, viele haben das gleiche Anliegen. Seit die Regierung am 1. Januar die Mineralölsteuern erhöhte, haben sich die Spritpreise an den Tankstellen schlagartig um bis zu zehn Cent pro Liter erhöht. Vor allem für viele griechische Pensionäre wie Papadimitriou ist damit eine Schmerzgrenze erreicht, zumal bei den Renten neue Einbußen bevorstehen. Um 687 Millionen Euro will der Staat in diesem Jahr die Bezüge der Rentner kürzen.

Immer neue Abgaben

Nicht nur an den Tankstellen und beim Heizöl müssen die Griechen jetzt tiefer in die Tasche greifen. Premierminister Alexis Tsipras bittet seine Landsleute zum Jahreswechsel mit zahlreichen Steuererhöhungen zur Kasse. Beim Ausdenken immer neuer Abgaben entwickelt Tsipras erstaunlichen Einfallsreichtum: Seit dem 1. Januar müssen die Griechen eine Sondersteuer auf Kaffee entrichten. Dadurch verteuert sich der Espresso oder Cappuccino im Café um bis zu 20 Cent. Sonderabgaben werden jetzt auch auf Festnetztelefonate, Internetanschlüsse und Pay-TV erhoben.

Wachsende Unzufriedenheit mit Tsipras

Die Steuererhöhungen drücken auf die ohnehin depressive Stimmung. Zwar ist die griechische Wirtschaft nach acht Jahren Rezession im dritten Quartal 2016 endlich wieder gewachsen. Aber die Menschen spüren davon nichts. Die verfügbaren Durchschnittseinkommen sind im vergangenen Jahr weiter gefallen. Und zwei von drei Erwachsenen erwarten, dass sich die Wirtschaftslage 2017 weiter verschlechtern wird, so eine aktuelle Umfrage der Zeitung „Vima“. Die Untersuchung spiegelt wachsende Unzufriedenheit mit dem Linkspopulisten Tsipras. Kam sein Linksbündnis Syriza bei der Wahl vom September 2015 noch auf 35,5 Prozent Stimmenanteil, sind es in der Umfrage nur noch 16,5 Prozent. Wie mutlos viele Griechen sind, zeigt auch eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts MRB. Befragt nach den Gefühlen, mit denen sie ins neue Jahr gehen, nennen 63 Prozent „Ungewissheit“, 48 Prozent „Angst“ und 30 Prozent „Wut“. Fast acht von zehn Befragten fürchten, dass sie ihren Lebensstandard 2017 nicht halten können. 16 Prozent haben Angst, in diesem Jahr ihren Job zu verlieren.

So düster wie die Stimmung ist die Wirklichkeit. Weil nach den jüngsten Steuererhöhungen Heizöl und Erdgas für viele Haushalte unerschwinglich geworden sind, werden jetzt vermehrt Holz und Verpackungsabfälle vrbrannt. Die Folge: allabendlich legt sich eine graubraune, beißende Qualmwolke über viele griechische Städte. Am Mittwoch wurden die zulässigen Feinstaubgrenzwerte bereits in fünf Athener Vororten sowie in den Städten Thessaloniki, Lamia, Larisa und Volos überschritten.