Die Politiker verhandeln über eine Dreierkoalition unter der Führung des Konservativen Antonis Samaras. Dabei spüren sie den großen Druck der EU.

Athen - Griechenland steht offenbar kurz vor der Bildung einer neuen Regierung. Geführt werden soll sie von Antonis Samaras, dem Chef der konservativen Nea Dimokratia (ND), die aus der Wahl vom vergangenen Sonntag mit 29,7 Prozent als stärkste Partei hervorgegangen war. Samaras setzte am Dienstag seine Koalitionssondierungen mit den Führern der sozialistischen Pasok, der drittstärksten Partei, und der gemäßigten Demokratischen Linken (Dimar) fort.

 

„Unsere Ansichten liegen nahe beieinander“, sagte Pasok-Chef Evangelos Venizelos. Der Dimar-Vorsitzende Fotis Kouvelis bestätigte: „Der Prozess gewinnt an Fahrt:“ Er dämpfte aber die zuvor gehegte Hoffnung auf eine schnelle Regierungsbildung. Er erwarte spätestens bis zum Ende der Woche eine Einigung. Die drei Parteien verfügen zusammen über 179 der 300 Mandate im neuen Parlament.

Die Vorstellungen von ND, Pasok und Dimar liegen nicht weit auseinander: Sie hatten sich im Wahlkampf grundsätzlich zur Fortsetzung des Konsolidierungsprogramms bekannt, wollen aber mit der EU über eine Lockerung der Sparauflagen verhandeln. Das radikale Linksbündnis Syriza, das bei der Wahl mit 26,9 Prozent zweitstärkste Partei wurde, will sich nicht an einer Regierung beteiligen. Syriza hatte im Wahlkampf eine einseitige Annullierung der Kreditverträge mit der EU und die Einstellung des Schuldendienstes angekündigt. Das hätte vermutlich den Bruch mit Europa bedeutet.

Samaras wird neuer Regierungschef

Einigkeit sei bei den Koalitionssondierungen bereits darüber erzielt worden, dass ND-Chef Samaras die neue Regierung führen werde, hieß es in Parteikreisen. Samaras habe vorgeschlagen, etwa ein Drittel der Kabinettsposten mit außerparlamentarischen Technokraten zu besetzen. Das finde bei den beiden anderen Parteiführern Zustimmung, hieß es. Dimar-Chef Kouvelis macht ohnehin zur Bedingung, dass der Regierung keinesfalls Politiker angehören dürfen, die in der Vergangenheit in Skandale verstrickt waren oder durch Korruptionsvorwürfe belastet sind. Kouvelis fordert auch, die strafrechtliche Immunität für Parlamentarier und Minister abzuschaffen, die Abgeordnetendiäten und Ministergehälter zu kürzen, die staatliche Parteienfinanzierung zu halbieren und die Vermögensverhältnisse aller Regierungsmitglieder sowie der leitenden Staatsbeamten rückwirkend bis 1974 zu durchleuchten.

Die griechischen Politiker stehen bei den Koalitionsgesprächen unter großem Zeitdruck. Seit das Parlament Mitte April aufgelöst wurde, ist das Land politisch gelähmt. Die Finanzlage ist prekär: der Staat könnte schon im Juli keine Renten und Gehälter mehr zahlen, wenn die EU nicht bis Ende Juni geplante Kreditraten von rund 8,6 Milliarden Euro überweist. Als Voraussetzung dafür gilt aber die Bildung einer handlungsfähigen Regierung.