Die Spekulationen über einen Schuldenschnitt für Athen reißen nicht ab. Die Troika-Gespräche stehen derweil kurz vor dem Abschluss.

Stuttgart - Angesichts der Verschärfung der Schulden- und Bankenkrise wird der für Mitte Oktober geplante EU-Herbstgipfel um knapp eine Woche nach hinten verschoben. Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU werden sich ebenso wie die "Chefs" der 17 Euro-Länder am Sonntag, den 23. Oktober, treffen. Das teilte der einladende EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy am Montag in Brüssel mit. Bislang war für den 17. Oktober eine Zusammenkunft aller 27 Staats- und Regierungschefs geplant und für den 18. Oktober ein Gipfel der Eurozone.

 

Zur Begründung schrieb Van Rompuy, man benötige mehr Zeit zur Vorbereitung: "Die neue Terminfestlegung ermöglicht es, unsere übergreifende Strategie zur Euro-Schuldenkrise fertig zu stellen." Nach Ansicht des ständigen Ratspräsidenten sind weitere Maßnahmen nötig, um die Situation im pleitebedrohten Griechenland zu verbessern, die europäischen Banken mit mehr Eigenkapital zu versorgen und die Einsatzmöglichkeiten des Eurorettungsschirms EFSF zu verbessern. Genau daran wird in der EU derzeit mit Hochdruck gearbeitet. Diplomaten sagten, das Konzept für die Bankenrettung sei noch nicht fertig. Im Vorfeld des Gipfels sollen die Finanzminister der Eurozone und der EU zusammenkommen, um die Beschlüsse des Gipfels vorzubereiten.

Merkel und Zarkozy geben einen Zeitplan vor

Derzeit laufen in Brüssel Vorbereitungen zur Rettung der Banken, die nach einer möglichen Staatspleite Griechenlands in Turbulenzen geraten dürften. So hatte die EU-Kommission bereits Pläne für ein gemeinsames Vorgehen bei staatlichen Finanzspritzen für Banken für die "kommenden Tage" angekündigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten am Sonntag schon einen ersten Zeitplan vorgegeben. Details sollten in den nächsten Wochen ausgearbeitet, eine dauerhafte Lösung dann auf dem G-20-Gipfel im französischen Cannes am 3. und 4. November präsentiert werden.

Die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und der sogenannten Troika stehen offenbar vor dem Abschluss. Nur einzelne Details seien noch zu klären, verlautete am Montag aus dem Finanzministerium in Athen. Die Troika-Inspektoren von Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission prüfen, ob Athen die Bedingungen für die Auszahlung einer weiteren, dringend benötigten Kredittranche erfüllt. Tut es das nicht, könnte die griechische Regierung nach eigenen Angaben ab Mitte Oktober ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen.

Frankreich steht Schuldenschnitt skeptisch gegenüber

Gleichzeitig wird weiter über einen Schuldenschnitt für das hochverschuldete Griechenland spekuliert. Die Bundesregierung dringe auf eine solche Lösung, berichtet die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Regierungskreise. Die Zeitung zitierte einen Gewährsmann mit den Worten: "Wir setzen uns dafür ein." Frankreich stehe dem Thema offenbar noch skeptisch gegenüber. Dem Bericht zufolge hält die Bundesregierung eine Insolvenz Griechenlands für unvermeidbar. Wann diese verkündet werde, sei allerdings noch nicht geklärt. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies am Montag lediglich darauf, dass die "nicht leichte Arbeit" an den Details der deutsch-französischen Einigung vertraulich seien.

Im Falle eines Schuldenschnitts für Griechenland würde auch der Bund Geld verlieren. "Der Bund bürgt für KfW-Kredite an Griechenland im Umfang von bisher 13,5 Milliarden Euro. Bei einem Schuldenschnitt müsste man einen beträchtlichen Teil dieses Betrags abschreiben", sagte der Unions-Haushaltsexperte Norbert Barthle (CDU) der "Rheinischen Post". Diskutiert wird unter Finanzexperten ein Schuldenerlass für Griechenland von 50 oder sogar 60 Prozent. Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke hält den Kampf der Griechen gegen die Schuldenkrise für aussichtslos. Der politische Wille sei zwar da, aber Griechenland sei nicht in der Lage, die Vorgaben der EU-Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission zu erfüllen.

Teure Lösung

Verzicht: Ein drastischer Schuldenschnitt heißt im Fachjargon "haircut" (Haarschnitt). Dabei wird einem Land ein Teil seiner Schulden dauerhaft erlassen. Dabei müssen die Gläubiger - Banken, Investoren und Staaten - auf viel Geld verzichten. Viele Experten halten einen "haircut" für unausweichlich, weil Athen seine Schulden nicht mehr schultern kann. Dadurch könnten weitere Banken in Schieflage geraten.

Szenarien: Inzwischen werden in der Eurogruppe Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Das bedeutet, die Gläubiger Griechenlands müssten auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten.