Wieder neue Gipfeltreffen: Obwohl der Druck steigt, bleiben die Geldgeber bislang aber hart. Berlin kontert Athens Versuch, die Verhandlungen auf die Chefebene zu ziehen – und dort den strengen Bürokraten zu entgehen.

Berlin - Im griechischen Schuldendrama kommt es jetzt vor allem auf Nervenstärke an. Dass sich die Lage dramatisch zuspitzt, zeigt nicht nur die angespannte Lage der griechischen Banken. Ein Zeichen dafür ist auch, dass in kurzen Abständen eine Reihe von Sondertreffen zu Griechenland anberaumt worden sind. Der EU-Ratspräsident Donald Tusk lud die Staats- und Regierungschefs der Eurozone für kommenden Montag zu einem Sondergipfel ein. Wenige Stunden zuvor werden sich auch die Finanzminister der Eurozone in Brüssel einfinden, um den Gipfel vorzubereiten. Dies dürfte der Auftakt zur entscheidenden Woche für die Europäische Währungsunion werden. Es bleiben nur noch wenige Tage, bis Ende Juni das zweite Rettungsprogramm für Griechenland ausläuft. Wenn die letzte Tranche aus dem Hilfsprogramm über 7,2 Milliarden Euro nicht ausbezahlt wird, droht die Pleite.

 

Nach wie vor sind Griechenland und seine Geldgeber aber noch weit von einer Lösung entfernt. Das zeigen die jüngsten Ereignisse. Nachdem die Finanzminister der Eurogruppe am Donnerstagabend ohne Ergebnis auseinandergegangen waren, kündigte Tusk den Sondergipfel für Montag an. Sofort danach setzte der Kampf um die Deutungshoheit über das Treffen ein. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras, der sich wieder einmal auf einer Russland-Reise befindet, nährte die Hoffnung, dass auf dem Sondergipfel ein Durchbruch gelingen könne. „Wir arbeiten jetzt für den Erfolg dieses Treffens“, sagte der Ministerpräsident.

Tsipras will unbedingt auf oberster Ebene verhandeln

Die Antwort aus Berlin kam prompt: Die Bundesregierung dämpfte die Erwartungen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über ihren Regierungssprecher erklären, dass auf dem Gipfel möglicherweise keine Entscheidungen fielen. „Wenn der Rat keine Entscheidungsgrundlage hat, kann er nur ein Beratungsgipfel sein“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Im Klartext heißt das: Falls Griechenland am Wochenende keine detaillierten Vorschläge vorlegt, fallen auch keine Beschlüsse.

Dahinter steckt mehr als ein Streit um Formalien. Tsipras versucht seit Monaten, die Verhandlungen auf die Ebene der Staats- und Regierungschefs zu ziehen. Auf dieses Verfahren wollen sich die Geldgeber aber nicht einlassen. Dahinter steht das Ziel, sich nicht mit vagen Absichtserklärungen abspeisen zu lassen. Griechenland muss die Liste mit Spar- und Reformvorschlägen zunächst den Institutionen vorlegen, also den Verhandlungsteams des Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU und der Europäischen Zentralbank (EZB). Erst wenn die frühere „Troika“ grünes Licht gibt, wird der Vorschlag den Eurofinanzministern vorgelegt. Aus diesem Grund reisen die Finanzminister ebenfalls am Montag nach Brüssel. Da Athen bisher eher grobe Reformpläne vorgelegt hat, ist es fraglich, ob die Geldgeber bis Montag belastbare Papiere erhalten. „Entscheidend sind die nächsten Tage“, sagte Seibert. Offenbar soll wieder einmal unter Hochdruck verhandelt werden.

Griechen heben immer mehr Geld ab

Gleichwohl gibt es in der Eurogruppe Zweifel, ob Griechenland nach vielen uneingelösten Versprechen wirklich liefert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich skeptisch, dass es am Montag zu Ergebnissen kommt. Die bisherigen Vorschläge Athens enthielten zu wenig Substanz, sagte Schäuble.

Unterdessen verschafft die Europäische Zentralbank Athen noch einmal etwas Zeit. Die EZB greift den griechischen Banken ein weiteres Mal unter die Arme. In einer Telefonkonferenz beschlossen die EZB-Gouverneure eine erneute Aufstockung des Kreditrahmens für die sogenannten ELA-Notkredite. Die genaue Summe wurde aber nicht bekannt gegeben. Erst am Mittwoch hatte die Notenbank diese Hilfen um 1,1 Milliarden auf 84,1 Milliarden Euro aufgestockt. Durch den massiven Kapitalabfluss besorgter Bürger in Griechenland – allein am Donnerstag sollen sie eine Milliarde Euro von ihren Konten abgezogen haben – waren die griechischen Banken erneut unter Druck geraten. Zentralbankkreise schlossen deshalb nicht mehr aus, dass die Banken am Montag ihre Türen nicht mehr öffnen können.

Auch bei den Währungshütern ist die Geduld mit den Griechen langsam am Ende angelangt. Die Aufstockung wurde zeitlich eng begrenzt. Und am Montag will der EZB-Rat erneut in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen beraten. Die Notkredite werden zwar von der griechischen Zentralbank auf eigene Rechnung gewährt. Doch der EZB-Rat muss dafür grünes Licht geben, denn schließlich werden damit mehr Euro-Kredite in Griechenland bewilligt. Auf diese Weise steigen auch die Risiken für die EZB.