Die Einlassungen des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble deuten darauf hin, dass er weiter einen Grexit will, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Unmittelbar vor der Abstimmung des Bundestags über den Brüsseler Griechenland-Kompromiss hat Angela Merkel gesagt, dass sie „aus voller Überzeugung“ für diese Lösung eintrete. Wenn die Kanzlerin die Wahrheit sprach, dann dürfte sie mit diesem uneingeschränkten Ja ziemlich allein gewesen sein im Berliner Reichstagsgebäude. Bereits die Zahl von 65 CDU/CSU-Parlamentariern, die entweder mit Nein oder mit Enthaltung votierten, illustriert das Ausmaß der Zweifel. Das ist immerhin ein Fünftel von Merkels Unionsfraktion. Aber nicht nur in den Reihen der Union, auch in den anderen Fraktionen herrscht größte Unsicherheit, ob der eingeschlagene Weg richtig ist.

 

Ausgerechnet der Bundesfinanzminister gibt diesen Zweifeln weiter Nahrung. Sein Urteil, dass Griechenland zur ökonomischen Gesundung zwingend einen Schuldenschnitt braucht, diesen aber innerhalb des Euro nicht bekommen kann, ist eine Fundamentalkritik. Sie bedeutet, dass Wolfgang Schäuble an die Wirksamkeit von Merkels Kompromiss nicht glaubt. Wenn Schäuble seine Worte ernst meint, dürfte er eigentlich als Minister nicht weiterverhandeln – handelt er doch wider besseres Wissen. Oder er ist heimlich zugange, die von ihm als notwendig beschriebene Entschuldung Griechenlands doch noch durch einen Grexit herbeizuführen.