Die Anleger greifen bei dem Essenslieferdienst zu und spülen dem Unternehmen und den Altaktionären fast eine Milliarde Euro in die Kasse.

Frankfurt - Der bisher größte Börsengang des Jahres ist trotz eines unruhigen Marktumfelds gut über die Bühne gegangen. Die Aktien von Delivery Hero, einer Beteiligung des Internet-Pioniers Rocket Internet der Berliner Samwer Brüder, fanden zwar bei ihrem Debüt nicht gerade reißenden Absatz, der Kurs stieg aber dennoch über die Erstnotiz von 26,90 Euro, zeitweise auf bis zu 27,70 Euro und lag zuletzt eher um 27 Euro. Der Ausgabepreis hatte bei 25,50 Euro gelegen. Dadurch haben die Altaktionäre und das Unternehmen fast eine Milliarde Euro bei den Anlegern eingesammelt. Das erst im Jahr 2011 gegründete Unternehmen war damit an der Börse mit rund 4,4 Milliarden Euro bewertet – eine „sportliche“ Bewertung, wie Analysten meinen. Immerhin entspricht dies in etwa dem Börsenwert von Hugo Boss, K+S oder Stada – im Gegensatz zu den drei MDax-Werten schreibt der Essens-Lieferdienst allerdings noch rote Zahlen.

 

Für Firmengründer Niklas Östberg war es auf jeden Fall ein Tag zum Feiern. Der Chef hatte insgesamt rund 100 Leute im Schlepptau – ungewöhnlich viele für einen Börsengang. Auch seine Frau und seine zwei Jungs waren dabei.

Der Start-up-Schmiede Rocket Internet fließt die Hälfte des Erlöses zu

Oliver Samwer dagegen war nicht nach Frankfurt gekommen, obwohl der Start-up-Schmiede Rocket Internet gut die Hälfte des Erlöses zufließt. Rocket hat ihren Anteil an Delivery Hero von bisher 35,7 auf 25,7 Prozent gesenkt. Das ist schon das zweite Mal in dieser Woche, dass für das Unternehmen der Samwer-Brüder die Kasse klingelt. Erst vor wenigen Tagen haben sie ihre restlichen Anteile an Lazada an den chinesischen Händler Alibaba verkauft.

Delivery Hero wächst stark – im vergangenen Jahre hatte das Unternehmen den Umsatz auf 297 Millionen Euro fast verdoppelt. Das Geheimnis ist, dass Östberg lokale Lieferdienste und Bestellplattformen aufgekauft hat. Nachteil dieser Strategie ist allerdings, dass sich unter dem Dach von Delivery Hero zahlreiche Marken angesammelt haben, die gepflegt und beworben werden wollen. Allein in Deutschland sind das Lieferheld, Pizza.de, Foodora. Die Hälfte des Erlöses aus dem Börsengang, die dem Unternehmen zufließt, soll vornehmlich zur Schuldentilgung genutzt werden. Delivery Hero ist bislang mit 6000 Mitarbeitern in mehr als 40 Ländern vertreten.

Prognose: Markt für Essenslieferungen legt in Deutschland jährlich um 23 Prozent zu

Immer mehr Menschen, gerade in den Großstädten, bestellen mittlerweile ihr Essen online. Die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet, dass der Markt für Essenslieferungen allein in Deutschland jedes Jahr um 23 Prozent zulegen wird – von 2,5 Milliarden Euro Ende 2016 auf 6,5 Milliarden Euro Ende 2021. Sorge bereitet den Anlegern, dass der US-Kochboxen-Anbieter Blue Apron die Preisspanne für seinen Börsengang deutlich senken musste und am Donnerstag mit zehn Dollar (8,77 Euro) pro Aktie am untersten Ende der Spanne an die Börse gegangen ist. Dies wird als schlechtes Vorzeichen für die Rocket-Beteiligung Hello Fresh gewertet, die ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgt und auch als Kandidat für die Börse gilt.Die hohe Nachfrage verdeutlicht, wie beliebt solche Lieferdienste derzeit bei Anlegern sind. Die Delivery-Hero-Rivalen Takeaway.com und Just Eat sind schon länger an der Börse gelistet. Die niederländische Takeaway ist nach einem Kursplus von gut 50 Prozent seit Ende September 2016 mittlerweile 1,6 Milliarden Euro wert, die britische Just Eat kommt nach einer Kurssteigerung um 20 Prozent sogar auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet 5,1 Milliarden Euro.