Entgegen eigener Ankündigungen verabschiedet die Groko keinen Fahrplan für die wichtigsten Gesetzesvorhaben – einige Beschlüsse gibt es in Meseberg dennoch.

Meseberg - Es ist anders geplant gewesen, auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch nach der ersten Kabinettklausur ihrer neuen Regierung davon nichts mehr wissen wollte. „Wir wollen Meseberg nutzen, um in Ruhe miteinander Schwerpunkte, besonders dringliche Vorhaben zu beraten und die dann natürlich entsprechend auch voranzubringen“, hatte ihr Regierungssprecher Steffen Seibert noch am Montag verkündet. Eine „Prioritätenliste“ mit den vorrangigen Gesetzesprojekten der verschiedenen Ressorts, die die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles noch am Wochenende eingefordert hatte, hatten Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) dann aber nicht im Gepäck, als sie vor die Journalisten traten. Die Aufgaben für die Minister seien im Koalitionsvertrag klar skizziert, Prioritäten gebe es dabei nicht, vielmehr müssten die Kabinettsmitglieder nun, so Merkel, „mehrere gleichzeitig“ bearbeiten. Ein paar Beschlüsse verkündete sie dennoch.

 

Haushalt Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, dass der nächste Haushaltsentwurf am 2. Mai vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Somit soll sichergestellt werden, dass das Budget im Schnellverfahren noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden kann. Die besonders lange Regierungsbildung hat hier zu einem Verzug geführt.

Kohle Das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium übernimmt die Führung der Kohle-Kommission und hat sich damit gegenüber dem Umweltressort durchgesetzt. Neben Minister Peter Altmaier (CDU) werden dem Gremium Umweltministerin Svenja Schulze, Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) sowie Innenminister Horst Seehofer (CSU) angehören. Die Arbeit an einem Gesetz zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele für 2030 werde „sehr herausfordernd“, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Die Kommission soll noch vor der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen. Bis Ende des Jahres werden Ergebnisse erwartet. Dazu zählt auch ein Datum zum Ausstieg aus der Braunkohle.

Ablehnung von Fahrverboten und blauer Plakette

Diesel Konkrete Beschlüsse gab es nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich aber skeptisch zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen geäußert. Nutzen und Kosten müssten in einem „vernünftigen Verhältnis“ stehen, sagte Merkel, „und diese Hardware-Nachrüstung ist ja relativ kostenintensiv.“ Gleichwohl ist diese Aussage weniger kategorisch als die Absage an Hardwarenachrüstungen von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Klausurteilnehmern zufolge soll dessen Diskussion mit Umweltministerin Schulze darüber weniger kontrovers verlaufen sein als zwischen den Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) und Barbara Hendricks (SPD). Merkel verwies auf das Vorhaben, zunächst einmal in diesem Jahr vom Dieselskandal betroffene Fahrzeuge mit neuer Software zu versorgen. In der Debatte um drohende Fahrverbote für Dieselautos wegen überschrittener Schadstoffgrenzwerte in deutschen Innenstädten stellte Merkel abermals klar, dass die Bundesregierung nicht auf Fahrverbote und die blaue Plakette setze.

Mandate Gebilligt wurde die Verlängerung von zwei Bundeswehreinsätzen in Mali und am Horn von Afrika. Die Mandatsentwürfe werden am Donnerstag kommender Woche im Bundestag in erster Lesung debattiert. Bei der EU-Ausbildungsmission für die malischen Streitkräfte soll die Personalobergrenze von 300 Soldaten auf bis zu 350 Soldaten steigen, weil im zweiten Halbjahr Deutschland die Missionsführung übernehmen soll. Am Horn von Afrika soll die deutsche Beteiligung mit wie bisher maximal 600 Soldaten an der EU-Operation Atalanta verlängert werden. Der Einsatz soll die Transporte des Welternährungsprogramms, Seeleute und Handelsschiffe vor Piraten schützen.

Kabinett benennt zahlreiche Beauftragte

Grenzkontrollen Das Bundeskabinett ist sich in Meseberg einig darüber gewesen, dass die im Zuge der Flüchtlingskrise wiedereingeführten Kontrollen an der Grenze zu Österreich ein weiteres Mal verlängert werden sollen und eine entsprechende Information nach Brüssel gehen soll, wie Kanzlerin Merkel sagte. Dies ist so bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden – dennoch hatte Seehofer zuletzt mit zugespitzten Formulierungen zu dem Thema für Unmut in der Regierung gesorgt

Personal Das Kabinett benannte zahlreiche Beauftragte. Felix Klein ist für jüdisches Leben und für den Kampf gegen Antisemitismus zuständig. Der Diplomat ist noch Sonderbeauftragter des Auswärtigen Amtes für die Beziehungen zu jüdischen Organisationen und Antisemitismusfragen im Rang eines Botschafters. Bernd Fabritius, Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, ist der neue Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Der CSU-Politiker steht seit Jahren an der Spitze des Verbands der Siebenbürger Sachsen. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler bleibt Drogenbeauftragte. Mortler koordinierte als Beauftragte bereits in der vergangenen Legislaturperiode die Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Edgar Franke wird Opferbeauftragter. Die Bundesregierung hatte das Amt im März vergangenen Jahres nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz als Anlaufstelle für Überlebende und Opfer von Terroranschlägen eingerichtet. Der 58 Jahre alte Jurist ist seit 2009 Bundestagsabgeordneter. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christan Hirte ist neuer Ostbeauftragter. Der 41-jährige Hirte gehört seit 2008 dem Bundestag an und ist seit 2014 Vize-Vorsitzender der CDU in Thüringen. Der CDU-Politiker Ralf Brauksiepe wird Patientenbeauftragter. Brauksiepe stammt aus Hattingen in Nordrhein-Westfalen. Der 51 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler gehört dem Bundestag seit 1998 an. Die neue Regierung hat nun die beiden Bereiche Pflege und Patienten mit zwei getrennten Beauftragten besetzt. Andreas Westerfellhaus ist neuer Pflegebeauftragter. Von 2009 bis 2017 war der aus dem westfälischen Rheda-Wiedenbrück stammende Katholik Westerfellhaus Präsident des Deutschen Pflegerats und damit Interessenvertreter von geschätzten 1,2 Millionen Pflegekräften und Hebammen. Der CDU-Abgeordnete Markus Grübel ist neuer Beauftragter für weltweite Religionsfreiheit. Der 58-jährige Abgeordnete des Wahlkreises Esslingen ist seit 2002 im Bundestag und war in der vergangenen Regierungsperiode Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Er war bis 2012 Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und gehört dem Kolpingwerk an.