Die Stadt verzichtet auf Schadenersatzforderungen gegenüber der Baufirma Wolff & Müller. Das Risiko einer Niederlage vor Gericht sowie die Aussicht auf einen jahrzehntelangen und teuren Rechtsstreit geben den Ausschlag. Die Kosten für das Tunnelprojekt steigen damit auf 416 Millionen Euro.

Stuttgart - Der Rechtsstreit zwischen der Stadt und dem ortsansässigen Bauunternehmen Wolff & Müller um Schadenersatz- und Nachforderungen beim Bau des Projekts Rosensteintunnel wird beendet. Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat am Mittwoch in nicht öffentlicher Sitzung widerspruchslos einem Vergleich zugestimmt, der am Donnerstag noch formal von der Vollversammlung bestätigt werden muss. Demnach einigen sich die Streitparteien wechselseitig auf einen Verzicht bezüglich ihrer vor Gericht geltend gemachten Forderungen beim Teilstück Leuzetunnel sowie auf eine Angleichung der gegenseitigen Ansprüche beim Rosensteintunnel.

 

Durch den Verzicht der Stadt steigen allerdings die Kosten für das Tunnelprojekt von zuletzt rund 380 Millionen Euro auf nunmehr auf über 416 Millionen Euro an. Der Grund: Eigentlich hatte die Stadt – einen Sieg vor Gericht vorausgesetzt – Schadenersatzzahlungen des Bauunternehmens in Millionenhöhe bereits eingepreist. Das Ende der Fahnenstange dürfte damit noch nicht ganz erreicht sein. Infolge weiterer Baupreissteigerungen rechnet man im Rathaus für die Schlussrechnung 2024 mit einem Betrag von mehr als 420 Millionen Euro.

Das Verfahren hätte sich über Jahrzehnte hingezogen – mit finanziellem Risiko

Für die Stadt sei ein Prozess mit ungewissem Ausgang noch riskanter gewesen, wie aus der entsprechenden Verwaltungsvorlage hervorgeht. Im Falle eines sich über Jahrzehnte hinziehenden Verfahrens, so hat es eine von der Stadt hinzugezogene Rechtsanwaltskanzlei berechnet, hätten bei einer Niederlage auf die Stadt zusätzliche Kosten in Höhe von 18 Millionen Euro nebst zehn Prozent Zinsen pro Jahr zukommen können.

Ausgelöst worden war der Streit, nachdem die Stadt der Tochterfirma Wolff-& Müller-Ingenieurbau 2017 wegen angeblicher schwerer Sicherheitsverstöße beim Bau der dritten Leuzeröhre gekündigt und Schadenersatz in Höhe von 60 Millionen Euro gefordert hatte. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe bestritten und seinerseits Nachforderungen in Höhe von 55 Millionen Euro wegen Planänderungen gestellt. Auch beim Bau der Rosenstein-Tunnelröhren, wo Wolff & Müller innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft mehrerer Unternehmen für den Innenausbau zuständig ist, waren Nachträge in ähnlicher Höhe aufgelaufen.