Das Drama um Griechenland und den Euro gibt den Befürwortern eines "Brexit" weiter Auftrieb. Ein Referendum hatte Premier David Cameron seinen Landsleuten bereits versprochen.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Während die Griechen verzweifelt um ihren Platz im europäischen Verbund ringen, kühlt sich am anderen Ende Europas die Sympathie für die EU zusehends ab. Das Drama um die Eurozone hat Nervosität auf den Britischen Inseln ausgelöst. Die EU-Gegner sehen sich bestärkt im Verlangen nach Austritt aus der Union und nach „voller Souveränität“ – und zwar bald. Ein Referendum hierzu hat Premier David Cameron seinen Landsleuten ja versprochen. Es soll spätestens 2017, eventuellmöglicherweise schon 2016 stattfinden. Umfragen sehen die Befürworter einer EU-Mitgliedschaft bei 55 Prozent, die Gegner bei 45 Prozent.

 

Experten glauben aber, dass die EU-Gegner eher an die Urnen gehen als die Fürsprecher des Status quo. Und der knappe Abstand zwischen beiden Lagern könnte sich noch verringern, wenn die Eurozone sich weiter „so wild“ gebärde wie zur Zeit. Die Briten haben sich der Eurozone selbst ja nie angeschlossen. Insofern haben sie das Griechenland-Spektakel nur als Zuschauer verfolgt, nicht als unmittelbare Akteure. Offiziell hat sich Premier Cameron aus dem Konflikt zwischen Athen und den „Institutionen“ heraus zu halten gesucht. Er sowie Schatzkanzler George Osborne haben wiederholt beide Seiten gedrängt, zu einer Lösung zu kommen, „bevor die ganze Sache außer Kontrolle gerät“. Ideologisch gesehen, finden sich Cameron und Osborne aber aufseiten der „Institutionen“.

Im eigenen Land drücken sie just eine harsche Austeritäts-Politik durch, um ihr eigenes Haushaltsdefizit auszumerzen. Auf jeden Briten, der den IWF und „die Europäer“ für schuld an der Griechenlandkrise hält, kommen außerdem vier Briten, die die Schuld bei den Griechen sehen. Auch bringt die britische Labour-Party ihrer linken Schwesterpartei Syriza in Athen wenig Sympathien entgegen.

Folgen für Großbritannien

Unruhe herrscht trotz der Distanz. Zunächst einmal befürchtet die Regierung, dass ein weiterer Eurokonflikt oder ein Auseinanderbrechen der Eurozone gefährliche Folgen für britische Banken und Firmen haben könnte. Eine Reihe vertraulicher Gespräche dazu haben zwischen Osborne und dem Gouverneur der englischen Zentralbank, Mark Carney, stattgefunden. Carney hat versichert, dass London für den Fall der Fälle gerüstet sei. Osborne warnte aber diese Woche: „Großbritannien wird umso mehr in Mitleidenschaft gezogen, je länger die griechische Krise andauert.“ Premier Cameron ist zwar bereit, zum geplanten EU-Gipfel am Sonntag anzureisen. Den britischen Medien zufolge hält er aber ein mögliches humanitäres EU-Hilfsprogramm für Griechenland „weitgehend“ für eine Sache der Eurozone.

Für die harten EU-Gegner – Tory-Nationalisten, Ukip-Anhänger und einige Linke – ist das Griechen-Drama eine Bestätigung lang gehegter Überzeugungen. Die Krise, argumentieren sie, habe nicht nur den Unfug von Einheitswährungen, sondern auch „den wahren Charakter“ einer diktatorischen EU enthüllt. Für den Ukip-Vorsitzenden Nigel Farage und für konservative EU-Gegner ist „das EU-Projekt schlicht gescheitert“. Wie unberechenbar die Stimmung geworden ist, belegt das Manövrieren prominenter Politiker wie des Londoner Tory-Bürgermeisters Boris Johnson. Er neigt inzwischen zum „Nein“ zur EU. Angeblich, um die EU-Partner nach „griechischer Art“ zu beeindrucken, danach bessere Bedingungen für sein Land herauszuholen und dann in einem zweiten Referendum dem Verbleib in der EU zuzustimmen. Andere halten das für eine riskante Idee.