Tausende haben am Samstag gegen Stuttgart 21 demonstriert. Auf dem Marktplatz trafen sich Projektbefürworter am Infomobil.

Lokales: Christine Bilger (ceb)
Stuttgart - Man kennt die grünen Schals, mit denen tausende Menschen am Samstag in die Stadt geströmt sind. Bekannt sind auch die Parolen "Oben bleiben!" und "Mappus weg!", mit denen die Gegner ihrem Unmut über das Milliardenprojekt Stuttgart 21 und ihrer Unzufriedenheit mit der Landesregierung Luft machen. Aber das war neu: Beim Zug der Demonstranten durch die Stadt gab es erstmals eine Ruhezone. Für all jene, die zwar ihre Stimme gegen den Bahnhofsumbau erheben, dies aber weder mit Pauken und Trompeten noch mit Trillerpfeifen tun wollten. Am Ende des Demonstrationszuges ging die Sektion der ruhigen Protestler.

Insgesamt kann von Ruhe vor der Landtagswahl aber keine Rede sein. Die Gegner und ihre prominenten Redner machten bei der vorletzten Großdemonstration vor dem Wahlsonntag auf dem Schlossplatz am Samstag eines klar:. Sie werden nicht ruhig sein. Nicht vor der Wahl, und nicht danach, nicht bevor sie den Bau von Stuttgart 21 gestoppt haben werden, bekannten sie kämpferisch. Das erste Ziel sei es jedoch die schwarz-gelbe Landesregierung abzulösen: "Noch 35 Tage bis zur Landtagswahl. Dann putzen wir sie weg", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Werner Wölfle.

Grüne aus dem Allgäu


Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hatte in Anlehnung an die Aktion "Let’s putz" der Stadt Stuttgart den Slogan " Let’S21 putz – weg den alten Mief" für die Vorfrühlingskundgebung gewählt. Für Wölfle steht am Wahltag das "große Reinemachen" an: "Dann fegen wir die CDU aus der Regierung und die FDP aus dem Landtag". Dass Stuttgart 21 auch weit jenseits der Stadtgrenzen als Wahlkampfthema taugt, belegten Gruppen aus dem ganzen Land: "Die Grünen im Allgäu fordern den Ausbau der Allgäubahn statt Stuttgart 21", und "S<21, oh wie schee, Bahnhof Waldsee ohne WC" war unter anderem auf Transparenten zu lesen.

"Wir müssen schwarz-gelb abwählen", rief auch der Spitzenkandidat der Linken für den Landtag, Roland Hamm, der Menge zu, über deren Größe es gestern wieder stark voneinander abweichende Angaben gab. Rund 15.000 Teilnehmer zählte die Polizei, die Veranstalter kamen auf etwa 39.000 Demonstranten. "Unser Widerstand geht solange weiter, bis dieser Schwachsinn endlich vom Tisch ist", sagte der SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch. Für ihn ist wie für seine Vorredner klar: Nicht ein Regierungswechsel allein, sondern das Ende von Stuttgart 21 bleibe das erklärte Ziel.

Protest lautstark, aber ruhig


Der Ton war kämpferisch, ansonsten war der Protest zwar lautstark, aber ruhig. Die Polizei schritt jedoch am Bahnhof ein, als Aktivisten der Parkschützer ein Transparent entrollten. Dafür waren sie auf das Dach des Gebäudes geklettert. Laut der Polizei müssen sie mit einer Anzeige wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs rechnen. Am Donnerstag waren Projektgegner, die im Sommer den Nordflügel besetzt hatten, wegen Hausfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt worden.

Ruhig ist es auch auf dem Marktplatz zugegangen. Dort fand der Befürworter-Treff statt. Das Bündnis derer, die für Stuttgart 21 sind, verzichtet zurzeit auf große Kundgebungen, weil sich seit der Schlichtung nichts geändert habe und zudem weitergebaut werde – ganz in ihrem Sinne. Die Stuttgart-21-Unterstützer versammelten sich am Infomobil, das von Wirtschaftsunternehmen gesponsort wird. Unter den Besuchern hat der Sprecher des Bahnprojekts, Wolfgang Dietrich, zwei Gruppen ausgemacht: "Das einen wollen wissen, ob in ihrer Umgebung Auswirkungen der Bauarbeiten zu erwarten sind", sagte er. Die zweite Gruppe seien jene, die sich dafür interessierten, wie es nach der Schlichtung weitergehe: Ganz einfach: Es darf gebaut werden", laute die Antwort.

Ein bisschen Wahlkampf musste am Samstag auch bei den bewusst nicht kämpferisch auftretenden Projektbefürwortern sein. Als Redner traten der CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Bopp und Reinhard Löffler und die CDU-Kandidatin Christine Arlt-Palmer auf. "Die Gegner könnten ja mal auf eine Großdemo verzichten. Das für den Polizeieinsatz gesparte Geld könnte man dann in die Bildung im Land investieren", sagte Reinhard Löffler vor gut 200 Zuhörern auf dem Marktplatz. Für deren Sicherheit sorgten während der Veranstaltung Wachleute der Deutschen Bahn.