Mehr als 30 000 repräsentativ ausgewählte Bürger sollen regelmäßig Fragen zu Gesundheit und Gesundheitsverhalten beantworten.

Berliner Büro: Norbert Wallet (nwa)

Mehr als 30 000 Bürger werden demnächst Post von Robert-Koch-Institut (RKI) erhalten. „Gesundheit in Deutschland“ nennt sich die vom „Infas-Institut“ im Auftrag des RKI durchgeführte Studienreihe, deren Ziel es ist, verlässliche und repräsentative Informationen über den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu erhalten.

 

Tatsächlich liegt in Deutschland hier vieles im Argen. Das hat sich nicht zuletzt zu Beginn und während der Pandemie gezeigt. Andere Länder konnten hier auf die Daten eines langjährigen Monitorings zurückgreifen, während viele Maßnahmen hierzulande lediglich auf vagen Annahmen fußen mussten.

„Mein Patient ist die Bevölkerung“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will das nun nachhaltig ändern. Er nennt es im Gespräch mit unserer Zeitung einen „gesundheitspolitischen Skandal, dass wir aktuell keine repräsentative Übersicht darüber haben, wie gesund die Bevölkerung eigentlich ist. Also: Wie viele Leute haben eine Behinderung, wie viele sind psychisch krank, wie viele haben jeden Tag Schmerzen, wie viele Menschen sind chronisch krank? Und wie hängt das ab vom Einkommen, vom Migrationshintergrund? Ist der Osten so gut versorgt wie der Westen? Zu diesen Fragen wollen wir endlich belastbare Daten haben.“ Deshalb solle nun ein „Panel“, gestartet werden. Das ist der englische Name für eine repräsentativ ausgesuchte und regelmäßig befragte Personengruppe. „Ich stelle mir als Arzt und Epidemiologe die Frage: Wie gesund ist mein Patient?“, sagt Lauterbach. „Und mein Patient ist im Moment die Bevölkerung. Wie geht’s Deutschland, das muss ich wissen.“

Mehr als 300 Städte und Gemeinden ausgewählt

Dazu dreht ein ziemlich großes Rad. Mehr als 300 Städte und Gemeinden wurden zur Teilnahme an der Studienreihe ausgesucht. An diesen Standorten werden nach einem Zufallsverfahren Personen aus den Melderegistern der Einwohnermeldeämter ausgewählt. Die betreffenden Bürger werden nun angeschrieben und um Mitarbeit gebeten.

Dann startet ein zweistufiges Verfahren. In einer Erstbefragung, die ungefähr eine Viertelstunde dauern soll, geht es um allgemeine Fragen etwa über den Gesundheitszustand. Wer sich dann dauerhaft für die Studienreihe registriert, soll dann im Quartalsrhythmus weiter regelmäßig befragt werden. Dabei soll es unter anderem um folgende Themen gehen: körperliche Gesundheit, psychische Gesundheit, soziales Umfeld und Lebensbedingungen, Gesundheitsverhalten und Gesundheitsrisiken und gesundheitliche Versorgung. So steht es in einer Informationsbroschüre für die Teilnehmenden.

Welche gesundheitspolitischen Maßnahmen wirken überhaupt?

Die Ergebnisse sollen belastbare Aussagen ermöglicht werden, die der künftigen Gesundheitspolitik den Weg weisen. So könnte die Häufigkeit bestimmter Erkrankungen genauer ermittelt und untersucht werden, ob manche soziologische Gruppen stärker und eher betroffen sind als andere. Durch die Regelmäßigkeit der Befragung kann, so jedenfalls das Ziel, genauer verfolgt werden, wie sich die gesundheitliche Lage im Laufe er Zeit verändert und ob getroffene Maßnahmen auch tatsächlich das angestrebte Ziel erfüllen. Es kann auch genauer gesehen werden, welche Lebensumstände Erkrankungen begünstigen. Die Studie dient ausschließlich Forschungszwecken. Die gewonnenen Daten sollen etwa auch Universitäten und Forschungsinstituten zur Verfügung gestellt werden. Jedes konkrete Forschungsvorhaben, das auf die Daten zurückgreift, soll zuvor vom Gesundheitsministerium geprüft werden.

Datenschutz spielt eine wichtige Rolle. Die erhobenen Daten werden nur nach ausdrücklicher Einwilligung genutzt. Namen und Kontaktdaten sollen stets strikt getrennt von den Antworten im Fragebogen gehalten werden. Die Antworten werden ohne Namen und Kontaktdaten ausgewertet.