Erfolgreiches Eröffnungswochenendes der Großen Landesausstellung „Die Schwaben – zwischen Mythos & Marke“: Die Besucher kommen und stimmen fleißig darüber ab, was typisch Schwäbisch ist.

Stuttgart - Was ist schwäbischer: die Kehrwoche, die Laugenbrezel oder das Spätzlebrett? Glaubt man den zahlreichen Besuchern der am Samstag im Alten Schloss eröffneten Großen Landesausstellung „Die Schwaben – zwischen Mythos und Marke“ (bis 23. April 2017), ist nichts typischer als Linsen und Spätzle. In der Ausstellung werden die Besucher aufgefordert abzustimmen. Das Ergebnis ist eindeutig. Auch Äffle und Pferdle halten das Nationalgericht für das Größte, wie ein kurzer Filmclip im Eingangsbereich belegt. Den Spätzle, ihrer Zubereitung und Historie ist gar ein eigener Ausstellungsteil gewidmet. 1723 wurden sie erstmals in einem Kochbuch erwähnt.

 

Der Mann von Osterby, ein Suebe, dessen Schädel 1948 bei Eckernförde in Schleswig-Holstein gefunden wurde, und in der Ausstellung abgebildet ist, konnte die Teigware folglich noch nicht genießen. Im engeren Sinne handelt es sich bei dem Herrn mit dem typischen Haarknoten ja aber auch gar nicht um einen Urschwaben. Die Bezeichnung Suebe war im zweiten Jahrhundert ziemlich unspezifisch. Damals hieß die Ostsee noch Suevisches Meer, und die ist vom Ländle ja doch ein paar Kilometer entfernt.

Historische Persönlichkeiten leben auf

Launig präsentiert werden derlei Informationen mittels eines Audioführers, den der Sprachkünstler Dodokay eingesprochen hat: selbstredend in schwäbischem Idiom. Der Clou ist, dass sich beim Rundgang durch die Geschichte immer wieder historische Persönlichkeiten einschalten. Mit einem Mal lauscht man dem Wandermönch St. Gallus, der erzählt, wie es mit der Bekehrung der Heiden im Süden lief. Bischof Hugo von Hohenlandenberg erscheint sogar visuell auf dem Touchscreen des Multimedia-Guides, bewegt die Lippen und beendet seine Ausführungen zur vertrackten Situation während des Schweizerkriegs mit einem Augenzwinkern. Die Technik macht’s möglich.

Nebenbei ist sie in den gut besuchten Räumen für Ruhe verantwortlich. Jeder lauscht für sich. Fast jeder. Ein Junge zupft seine Mutter aufgeregt am Ärmel: „Guck mal, da gibt es sogar einen Dolch!“, freut er sich. Das Prunkstück stammt ebenfalls aus der Ära, als sich „Kuhschweizer“ und „Sauschwaben“ in den Haaren lagen. Die Scheide ist mit einer filigranen Darstellung der Apfelschussszene aus der Tell-Legende verziert.

Im Jungen Schloss warten die „Superschwaben“

So unterhaltsam die Ausstellung aufbereitet ist: Unbequemes wird nicht ausgespart. Unvermutet steht man vor einem ländlichen Triptychon aus der Nazizeit. Es zeigt eine Ansicht von Biberach. Der Ort ist von sämtlichen technischen Errungenschaften bereinigt, wird von Bauer und Bäuerin flankiert – Blut und Boden, verewigt in Öl. Beigefügt sind Fotodokumente. Unter anderem zeigen sie den Führer, der auf der Königsstraße bejubelt wird. Die Mischung aus spaßigen Elementen wie einer Schrankwand voller Schwaben-Klischees und historischen Fakten ist ausgewogen. Im Jungen Schloss findet das schlüssige Konzept mit den „Sieben Superschwaben“ eine perfekte Fortsetzung. Hier ist so unterschiedlichen Landeskindern wie Friedrich Schiller, Sophie Scholl oder Sami Khedira jeweils ein eigener Raum gewidmet, der auch zu Aktivitäten anregt. Beim Astronomen Kepler gilt es beispielsweise geometrische Formen zu puzzeln. Ein Fall für echte Käpsela. Die schönsten schwäbischen Worte werden im Landesmuseum ebenfalls gewürdigt – vom Lellebebbl bis zum Schofseggl.