Ausgerechnet in der bisher kältesten Nacht des Winters geht in den Röhren am Albaufstieg ein Lastwagen in Flammen auf. Autofahrer stehen vor der Unglücksstelle zum Teil stundenlang im Stau – und werden vom Roten Kreuz versorgt.

Mühlhausen - Als der Notruf am Dienstag um 22.15 Uhr einging, rechnete man in der Rettungsleistelle der Feuerwehr und des Roten Kreuzes in Göppingen zunächst mit allem: Im Lämmerbuckeltunnel auf der A 8 am Albaufstieg brenne ein Lastwagen, teilte der Anrufer mit. Kurz darauf löste auch die automatische Brandanlage des Tunnels ein Signal an die Leitstelle aus, der Ampel am Portal sprang auf Rot, außerdem wurde der Verkehr automatisch bei Mühlhausen umgeleitet. Rund 13 Minuten später waren die ersten Feuerwehrleute aus Mühlhausen und Wiesensteig am Tunnel. Aus dem Portal drang starker Rauch, Explosionen waren zu hören, wie es um den Lastwagenfahrer stand, war unklar.

 

Der Großeinsatz in der bitterkalten Februarnacht war für die 110 Feuerwehrleute und die rund 40 Rettungskräfte des DRK kräftezehrend und nervenaufreibend. Und er war nervtötend für die zahlreichen Auto- und Lastwagenfahrer, die bis zu vier Stunden im Stau vor dem 625 Meter langen Tunnel froren. Und doch ist das Unglück glimpflich ausgegangen, eine Katastrophe blieb aus. Der Lastwagenfahrer konnte sich retten, es wurde niemand verletzt, und der zweitälteste noch genutzte Autobahntunnel Deutschlands ist ersten Erkenntnissen zufolge nicht nachhaltig beschädigt worden. Er wurde am Mittwoch gegen 6 Uhr wieder für den Verkehr geöffnet.

Glückliche Umstände und große Investitionen verringern den Schaden

Offenbar haben dazu glückliche Umstände beigetragen – und die beständigen Sanierungs- und Ausbauarbeiten am Tunnel, die Autofahrern in den vergangenen Jahren immer wieder Staus beschert haben. Es sei ein Glück gewesen, berichtet der Kreisbrandmeister Michael Reick, dass es der Lastwagenfahrer geschafft habe, am Fahrbahnrand zu halten. So hätten die Autos, die hinter ihm im Tunnel gewesen seien, vorbeifahren und die Feuerwehr ungehindert anrücken können.

Der Fahrer hatte offenbar einen Knall im Motor gehört und konnte seinen Wagen zur Seite lenken. „Er hat noch vergeblich versucht, den Brand selbst zu löschen“, berichtet Reick. Doch das Feuer habe wohl vom Motorraum schnell auf das Führerhaus und die Ladung übergegriffen. Der 48-Jährige brachte sich rechtzeitig vor den Flammen in Sicherheit.

Lastwagen hatte unter anderem Spraydosen geladen

Geholfen haben dürften ihm dabei zwei weitere glückliche Umstände: Zum einen war die Ladung in Überseecontainern aus Stahl verstaut. Deshalb brannte sie nicht offen, und die Hitzeentwicklung hielt sich in Grenzen. Das ist ein Grund dafür, dass sich die Beschädigungen am Tunnel wohl im Rahmen halten. Zum anderen ist vor einigen Jahren eine Entlüftung eingebaut worden, der größte Teil des Rauchs zog in Fahrtrichtung Ulm ab. Beides kam auch den Atemschutzträgern der Feuerwehr zupass, die wenig später mit dem Löschen begannen. Sie spritzten Wasser direkt in die Container und konnten so verhindern, dass sämtliche Spraydosen, die der Lastwagen unter anderem auf acht Paletten geladen hatte, explodierten. Dass der Lastwagen komplett ausbrannte, konnten sie freilich nicht mehr abwenden. Die Polizei beziffert den Schaden an der Zugmaschine und dem Anhänger auf insgesamt rund 80 000 Euro.

Einsatzkräfte kämpfen mit eisigen Temperaturen

Besonders zu kämpfen hatten die Einsatzkräfte bei dem für sie insgesamt rund sieben Stunden dauernden Einsatz mit der frostigen Temperatur. Bei minus 16 Grad und gefühlten mindestens weiteren 10 Grad minus wegen der starken Luftströmungen im Tunnel gefror das Löschwasser in den Leitungen und auf der Straße. Großflächige dicke Eisflächen wurden zu einer zusätzlichen Unfallgefahr. Tatsächlich musste die Feuerwehr nach dem Einsatz eines ihrer Fahrzeuge zurücklassen, weil dessen Leitungen eingefroren waren. Wegen der bitteren Kälte waren auch rund 40 Helfer vom Roten Kreuz im Einsatz. Sie bauten ein Zelt auf, in dem die Feuerwehrleute mit Tee versorgt wurden. Außerdem boten sie den Autofahrern, die im Stau ausharren mussten, Tee und Wolldecken an.

Autofahrer müssen warten, bis Behelfsausfahrt frei ist

Die Autos konnten erst nach und nach ausgeleitet werden, weil die Behelfsausfahrt vor dem Tunnel zunächst von der Feuerwehr gebraucht wurde. Außerdem wird die steile schmale Straße normalerweise nicht geräumt. Und durch das Löschwasser hatte sich auch dort zusätzliches Eis gebildet. Das Sträßchen wurde erst mal frei gemacht, um weitere Unfälle zu verhindern. Dann wurden Autos und Lastwagen nach und nach weggelotst. Die letzten verließen den Unfallort gegen 2 Uhr. Die Einsatzkräfte waren bis nach 4 Uhr am Werk.

Michael Reick lobt den Einsatz der acht verschiedenen Feuerwehren und der anderen Rettungsdienste. „Sie haben unter besonders schwierigen Verhältnissen technisch absolut top gearbeitet“, sagt er. Zu der im Tunnel vor einigen Jahren eingebauten Brandmeldeanlage, der Löschwasserversorgung sowie der Entlüftung, die sich bei dem Unglück bewährt haben, kommen bald noch Rettungsstollen für 7,3 Millionen Euro hinzu. Die Bauarbeiten beginnen dem Regierungspräsidium Stuttgart zufolge Mitte dieses Monats. In den vergangenen sieben Jahren wurden rund 6,7 Millionen Euro in die Tunneltechnik investiert.