Nachdem in einem Supermarkt ein Mitarbeiter von einem unbekannten Tier - möglicherweise einer Spinne - gebissen wurde, durchsuchen Feuerwehrleute die Räume in Schutzanzügen. Doch das Tier bleibt verschwunden. Nun übernehmen Schädlingsbekämpfer.

Kornwestheim - Hals über Kopf müssen alle Kunden den Discounter in der Leibnizstraße in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) verlassen. Waren stapeln sich auf den Bändern der Kassen, voll gepackte Einkaufstaschen stehen am Eingang: Nicht allen Einkäufern ist es noch gelungen, die Zutaten mitzunehmen, die sie für das Mittagessen brauchen – und nicht alle haben dafür Verständnis. Am Freitagvormittag, kurz vor 11 Uhr, räumen Polizisten und Feuerwehrleute das Geschäft, nachdem Mitarbeiter des Ladens einen Notruf abgesetzt haben. Der Grund: einen 19-jährigen Angestellten hatte beim Auspacken einer Kiste mit Bananen von der Elfenbeinküste ein Insekt gebissen. Die Wunde an seiner Hand schwillt stark an, dem Mann geht es zusehends schlechter.

 

Bei dem Tier, das zugebissen hat, könnte es sich – nach der Untersuchung der Wunde – um einen Skorpion handeln. Oder um eine Bananenspinne, wie der stellvertretende Feuerwehrkommandant Matthias Häussler am Einsatzort mutmaßt. Selbst wenn es – wie sich im Lauf der nächsten Stunden herausstellt – niemanden gibt, der das Tier tatsächlich gesehen hat, ist den Verantwortlichen das Risiko zu groß, den Betrieb im Laden einfach weiterlaufen zu lassen. Denn sollte es tatsächlich eine Brasilianische Wanderspinne sein, die auch Bananenspinne genannt wird, weil immer wieder Exemplare in Bananenkisten in Supermärkten auftauchen, ist die Gefahr groß. Mitarbeiter und Kunden müssten geschützt werden, begründet Harald Prasky, der Leiter des Kornwestheimer Polizeireviers, die Sperrung des Ladens.

„Die Wanderspinne ist aggressiv und giftig“

Auch für Andreas Thoß, den stellvertretenden Kreisbrandmeister, ist klar, als er auf dem Parkplatz des Discounters eintrifft: Niemand darf mehr rein ins Geschäft, und die Polizeibeamten, die sich in diesem Moment noch zwischen den Regalreihen umsehen, müssen schleunigst raus. „Die Brasilianische Wanderspinne ist aggressiv und hochgiftig“, warnt er. „Und sie kann zwei, drei Meter weit springen. “ Sie lebend zu fangen sei nahezu unmöglich. „Wir müssen sie vor Ort töten.“ Für die Feuerwehrleute heißt das: sie müssen sich in – bananengelbe – Chemikalienschutzanzüge zwängen, die im Zweifelsfall auch eine aufgeschreckte Wanderspinne nicht durchbeißen kann. Mit Wärmebildkameras versuchen sie dann, den Übeltäter aufzuspüren, während sie Gemüsekistchen um Gemüsekistchen, Obsttüte um Obsttüte durchsuchen. Sollte das Tier auftauchen, soll es mit einem Kohlenstoffdioxid-Löscher schockgefrostet und damit außer Gefecht gesetzt werden.

Dennis Rauschenberg und Anja Ludwig sind die Ersten, die im Schutzanzug durch eine Nebentür im Laden verschwinden. Rund 25 Minuten arbeiten sie sich durch Bananenkisten und Blumensträuße, die im Kassenbereich in Eimern stehen, sie inspizieren die Decke und Lampen. Schweißgebadet schälen sie sich nach der knappen halben Stunde aus den Plastikanzügen, weil der Sauerstoff in den Flaschen, die sie auf dem Rücken tragen, langsam knapp wird. Das nächste Duo übernimmt.

Die Spinne bleibt verschwunden

Doch trotz aller Bemühungen: die Spinne, so es sie denn in dem Laden überhaupt gibt, bleibt verschwunden. Plan B, überlegt Andreas Thoß, könnte das Auslegen von Lebendfutter sein. Eine Polizeibeamtin geht flugs in den benachbarten Zooladen und besorgt ein Päckchen mit Käferlarven, die munter in ihrem Plastikbehälter herumkriechen. Sie werden aber letztlich dem Schicksal entgehen, von einer Wanderspinne gefressen zu werden.Denn der Erste Bürgermeister Dietmar Allgaier, mittlerweile am Einsatzort eingetroffen, verständigt sich mit der Polizei, dem Kreisbrandmeister, Mitarbeitern des Discounters und einer Expertin der Wilhelma auf ein anderes Vorgehen: Noch einmal sollen alle Feuerwehrleute das Geschäft durchkämmen. 25 sind es, die sich gleichzeitig zwischen den Regalreihen bewegen – ohne Erfolg. Wenig später übernehmen Schädlingsbekämpfer im Auftrag des Discounters den Fall. Vom Ergebnis ihrer Untersuchung des Ladens hängt ab, wann die Filiale wieder eröffnet wird.

Gebissener Mann nicht in Lebensgefahr

Das Unternehmen habe, urteilt der Bürgermeister Allgaier am späten Nachmittag, „die richtigen Maßnahmen ergriffen. Von behördlicher Seite mussten wir nichts weiter anordnen.“ Der von dem nach wie vor unbekannten Insekt gebissene Mitarbeiter habe zu keinem Zeitpunkt in Lebensgefahr geschwebt, ergänzt der Revierleiter Prasky. Der Mann werde mit Infusionen versorgt und bleibe noch eine Weile zur Beobachtung im Krankenhaus. Kunden in Supermärkten müssten sich keine Sorgen machen, auf gefährliche Spinnen zu stoßen, betont der stellvertretende Kreisbrandmeister Thoß. „So etwas geschieht extremst selten.“