Der Krise und dem nasskalten Wetter zum Trotz ist der Stuttgarter Herbstflohmarkt am Sonntag ein Publikumsmagnet gewesen

Klamotten, Nippes, Schmuck, ausgediente Haushaltswaren und dazwischen Raritäten, die Sammlerherzen höher schlagen lassen: Dies ist die Mischung, welche die Stuttgarter Flohmärkte im Frühjahr und Herbst attraktiv machen. Entsprechend belebt waren der Karls- und der Schillerplatz am Sonntag beim Herbstflohmarkt.

 

Ein echter Veteran ist Thomas Römer, Inhaber des Möhringer Geschäfts Altes Spielzeug Stuttgart. „Ich bin schon 1972 als Kind mit einem Koffer mit der Straßenbahn auf den Stuttgarter Flohmarkt gefahren und habe dort ausrangierter Sachen verkauft“, erzählt der 61-Jährige. Sein Glanzstück am Samstag ist eine Märklin-Modell-Dampflok mit Tender aus Blech mit Uhrwerkantrieb für die Spur 1 aus dem Jahre 1910. Modellautos habe er auch sehr viele: „Die Leute wollen Modelle von Autos, die sie mal gefahren sind, die sie mal als Kind hatten oder die Traumautos, die sie sich nie leisten konnten.“ Die Sammler, die einst ganze Kollektionen gekauft hätten, seien altershalber selten geworden. „Die Kunden“, sagt er, „schauen schon auf den Preis, aber die Top-Raritäten, schönes altes Blechspielzeug der 1950er Jahre, gehen trotzdem weg.“

Olivenholz nimmt keinen Geschmack an

Waren aus Nordafrika und Syrien sind die Spezialität eines Marokkaners, der als Khalid angesprochen werden will. Nachdem der gläubige Muslim sein Gebet verrichtet hat, preist er seine Seife aus dem syrischen Aleppo an: „Sie ist die älteste der Welt aus Oliven- und Lorbeeröl.“ Aus seinem Heimatland Marokko stammen Speiseschalen und Schöpflöffel aus Olivenholz für Salate und andere Speisen. „Olivenholz ist dafür ideal, weil es keinen Geschmack annimmt.“

Mit einem auf den ersten Blick wilden Mix aus Gläsern, Leuchten und Bronzefigürchen, zwischen die sich eine Klarinette verirrt hat, ist die Fellbacherin Ingrid Jentsch präsent. Die 69-Jährige stöbert ihre Ware bei Flohmärkten und Haushaltsauflösungen auf. Ihre Glanzstücke auf dem Herbstflohmarkt sind drei mehr als 150 Jahre alte Biedermeier-Tassen und drei geätzte und geschliffene Gläser aus böhmischem Kristallglas. „Die Kundschaft“, erzählt sie, „hat sich sehr verändert. Der Markt heute ist gut gefüllt, aber früher konnte man auf dem Flohmarkt wegen des Gedränges kam laufen. Die Leute kamen aus Frankreich, aus der Schweiz und Italien.“ Mit ihrem Umsatz sei sie zufrieden, „aber früher war es besser.“

Die Landtagspräsidentin sucht eine Uhr

Mitten im Getümmel zwischen den Ständen schaut sich auch die Landtagspräsidentin Muhterem Aras um. „Der Markt bietet Begegnung und Austausch. Auch die Nachhaltigkeit ist super: Sachen, die jemand nicht mehr braucht, finden hier einen Käufer“, sagt sie. Sie selbst sehe sich nach einer alten Uhr um, einer mit Seele, also mit einem mechanischen Werk: „Die richtige habe ich aber noch nicht gefunden.“