Wiener Klassik mit Soundcollagen von heute: Das neue Team des Ludwigsburger Musiktheaterteams wag sich an der Großprojekt „Die Jahreszeiten“. Noch allerdings werden Sänger gesucht.

Ludwigsburg - Das Ludwigsburger Forum am Schlosspark sucht Sänger – und alte Sofa- oder Sitzkissen. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Ganz einfach: Die sangesfreudigen Menschen sollen helfen, Joseph Haydns Komposition „Die Jahreszeiten“ mehr Klangfülle zu geben, während die ausgedienten Kissen als Requisiten maßgeblichen Einfluss auf die Darstellung der Wetterumschwünge von Frühjahr zu Sommer und von Herbst zu Winter nehmen sollen. Die Vorbereitungen für das Musiktheater laufen, aufgeführt wird es an fünf Abenden im März 2018.

 

Chorsänger mit Lust auf Performance

Beim Musiktheater besteht üblicherweise eine Beziehung zwischen dem Thema und der Stadt. Das gelte auch für diese Aufführung, die Teil der 300-Jahr-Feier der Stadterhebung im kommenden Jahr sein wird, sagt der Regisseur Axel Brauch. Diesmal werde der Umstand reflektiert, dass Ludwigsburg das Prädikat Nachhaltige Stadt trägt, was an sich schon viel über ein verändertes Naturverständnis verrät.

Aus der Konfrontation mit Haydns 1801 uraufgeführtem Lob der Natur möchte Brauch kreative Funken schlagen. Auch Haydn habe mit seiner Musik und Gottfried van Swietens Libretto schon Stürme und Unwetter nachgebildet, doch Verweise auf Klimawandel und globale Erwärmung sollen deutlicher herausgestellt werden. Darum wird die Musik des Wiener Klassikers durch Soundcollagen und Kompositionen des jungen Musikers Vincent Wik-ström ergänzt. „Etwa zwei Drittel der Musik wird trotzdem Haydn sein“, sagt der Nürtinger Bezirkskantor Michael Culo, der nach dem Ausscheiden von Musikdirektor Siegfried Bauer mit seiner Frau Angelika Rau-Culo die musikalische Leitung für das Musiktheater übernommen hat.

Gesellschaftlicher Konflikt ging unter

Ursprünglich habe Haydn beabsichtigt, den damals großen gesellschaftlichen Konflikt um die Industrialisierung und dessen Auswirkungen auf die Natur in seinem Oratorium zu verarbeiten, sagt Brauch. Am Ende aber seien alle Ansätze in diese Richtung wieder getilgt worden. „Der Komposition fehlt ein Binnenkonflikt“, sagt der Regisseur. Darum werde er die szenischen Bilder mit Ambivalenzen aufladen.

Die Bühnenbildnerin Gesine Pitzer hat auch dafür schon viele Ideen entwickelt, doch solange das komplette Ensemble noch nicht steht, wissen auch die künstlerischen Leiter noch nicht, wie weit sie gehen können. „Am liebsten hätte ich einen Bewegungschor“, sagt Brauch. In dem für konzertante Aufführungen konzipierten Oratorium soll Raum für Action und Trubel geschaffen werden. „Wir suchen noch Chorsänger“, sagt Angelika Rau-Culo. Etwa 100 hätten sich schon angemeldet – die meisten Angehörige von Chören – doch die Musiktheater-Macher möchten gern 160 Sänger auf die Bühne stellen. „Alle Tonlagen sind willkommen“, sagt Culo. Etwas Mut zur Schauspielerei sollte nicht fehlen.

400 Kopf- und Couchkissen gesucht

Gesine Pitzer nimmt das Leitmotiv der Nachhaltigkeit auf ihre Weise noch einmal auf: „Wir versuchen, alle Requisiten und alles, was für die vier Bühnenbilder nötig ist, aus Second-Hand-Artikeln zu gestalten“, sagt die Ausstatterin. Kein Vorhangstoff und kein Holz- oder Metallelement sollen neu gefertigt werden. Darum hat sie auch eine Suche nach Kissen aller Art gestartet. Es geht um Sofa-, Sitz- oder Kopfkissen. Bis zu 400 davon werden benötigt für eine besonders stürmische Szene Szene auf der Bühne, sagt Pitzer. Es gibt auch schon zwei Termine, an denen Spender ihre alten Kissen abgeben können: am 10. Juli, von 18 Uhr an im Kulturzentrum und am 15. Juli von 14 bis 18 Uhr am Brunnen vor dem Forum.

Die professionellen Tänzer und die solistischen Sänger sind bereits fest, ihre Namen aber werden bisher noch geheim gehalten. Im Übrigen wird das Tanztheater Zartbitter sowie die Mädchentanzgruppe der Karlskaserne dabei sein. „Natürlich ist auch das Ludwigsburger Sinfonieorchester wieder an Bord“, sagt Culo. Die Chorproben sollen nach den Sommerferien beginnen. Dann wollen Pitzer und Brauch auch mit ersten Experimente für die geplanten szenischen Einlagen wagen.

Bürgertheater
Bis 2016 haben in Ludwigsburg das Musik und das Bürgertheater gemeinsame Sache gemacht, dann haben sich die Wege getrennt. Siegfried Bauer und Rainer Kittel, der musikalische und der künstlerische Leiter, sind aus der Produktion des Musiktheaters ausgestiegen. Das Musiktheater soll weiterhin für große Besetzung konzipiert sein, während das Bürgertheater auch wieder etwas kleiner ausfallen darf.

Information
Am Montag, 10. Juli, laden die Macher des Musiktheaters um 20 Uhr in das Kulturzentrum ein. Dort werden sie im großen Saal das Jahreszeiten-Projekt ausführlich vorstellen und Bürgern, die sich als Sänger oder Tänzer beteiligen möchten, erläutern, was auf sie zukommt.

Vorverkauf
Die Stadt Ludwigsburg fördert das Großprojekt mit 140 000 Euro. Der Vorverkauf für die fünf Vorstellungen im März 2018 hat bereits begonnen.