Der Bezirksbeirat hat die Strategie der Stadt im Tauziehen um das künftige Wohnquartier einstimmig gebilligt. Die Sporthalle soll erhalten bleiben, bis zu 600 Wohnungen sind möglich.

S-Ost - Die Stadt soll das gut vier Hektar große EnBW-Areal zwischen Hackstraße und Stöckachstraße so schnell wie möglich kaufen – und soll dabei alle zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen. Diesen Wunsch hat der Bezirksbeirats Stuttgart-Ost mit seiner Zustimmung zu einem Bebauungsplan für das Gebiet und der Festlegung des Areals als Stadterneuerungsvorranggebiet mit Vorkaufsrecht der Stadt verknüpft. Mit der Veröffentlichung dieser Satzung über ein besonderes Vorkaufsrecht in diesen Tagen wird diese auch gültig. Die EnBW könnte das Areal also nicht mehr an einen der offenbar zahlreichen Interessenten auf dem freien Markt verkaufen, sondern müsste zuerst mit der Stadt verhandeln. Einfacher werden die Diskussionen und das Tauziehen um das Areal dadurch wohl nicht.

 

EnBW: Verkaufen oder selbst entwickeln

Das Energieversorgungsunternehmen will das Areal, wie berichtet, bis spätestens Ende 2019 räumen. Die Ausbildungswerkstätten sollen in einen Neubau in Esslingen umziehen, andere Bereiche werden in die EnBW-City auf dem Fasanenhof oder auf das Areal beim Gaskessel verlagert. Wie die Stadt auch will das Unternehmen, dass das Areal dann in ein neues innerstädtisches Wohnquartier mit rund 600 Wohnungen umgestaltet wird. Im Konzern wird zurzeit noch geprüft, ob das Unternehmen dieses selbst tun wird – oder das Areal möglichst schon bis zum 30. Juni 2018 verkaufen wird. Das ist nun nicht mehr ohne weiteres möglich.

Stadt und Konzern hatten schon vor rund zehn Jahren intensiv über das Areal verhandelt und waren sogar weitgehend handelseinig gewesen. Durch die Gründung der Stadtwerke und die Auseinandersetzung über die Strom-, Gas- und Wassernetze in der Stadt wurde aber alles auf Eis gelegt.

Vereine sind auf die Sporthalle angewiesen

Inzwischen hat sich auch im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost der Eindruck verfestigt, dass die EnBW das für die Stadt als Wohngebiet so wichtige Areal auf keinen Fall an die Stadt verkaufen will, weil die Vorstellungen über die künftige Gestaltung offenbar zu weit auseinander liegen. Das gilt zum Beispiel für die bestehende Sporthalle auf dem Areal. Sie wird unter anderem auch von Vereinen genutzt, die – wie Anrufer in der Redaktion bestätigen – auf keinen Fall darauf verzichten können. Die Stadt will die Halle in ihrem Bebauungsplanentwurf erhalten. In der Machbarkeitsstudie der EnBW dagegen taucht die Halle nicht mehr auf.

Ein zentrales Element in dem städtischen Plan ist die Verlängerung der Heinrich-Baumann-Straße quer durch das Areal bis zum Heilandsplatz. Dies sei früher die historische Entwicklungsachse gewesen, sagte Helmut Haas vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung am Mittwoch im Bezirksbeirat, und solle es auch wieder werden. Eine weitere Erschließungsachse könnte über die heutige Zufahrt von der Stöckachstraße her geschaffen werden. An der Kreuzung mit der Heinrich-Baumann-Straße sei eine neue Mitte des geplanten Wohnquartiers denkbar. Mit einer weiteren Erschließungsstraße und Fußgängerverbindungen zur Hackstraße und zur dortigen Stadtbahnhaltestelle könnte das Areal in sechs Bereiche unterteilt werden.

Vier bis fünf Geschosse wie auch die Gebäude außenrum

Ziel der Stadt ist eine Erschließlungsfläche von rund 20 Prozent des Gesamtareals. In zu erhaltenden Gebäuden wie dem lang gestreckten Trakt entlang der Stöckachstraße und Neubauten mit vier bis fünf Geschossen könnten insgesamt – je nach Geschosszahl und Wohnungsgröße – 450 bis 600 Wohnungen entstehen. Die Stadt strebt mit einer Geschossflächenzahl von 1,6 bis 2,0 eine relativ dichte Bebauung dort an. Zum Vergleich: Auf dem neu bebauten Areal der ehemaligen Frauenklinik beträgt die Geschossflächenzahl 1,4, auch auf dem Schwanenplatz, wo gerade neue Wohnhäuser entstehen, liegt die Wohnungsdichte in dem Bereich. Sollte das Gebäude mit der Sporthalle erhalten werden, wäre dort nach Einschätzung der Stadtplaner nur eine Nutzung durch Gastronomie, Dienstleister und als Büros denkbar. Erhalten werden sollen auch die unterirdischen Gebäudeteile unter anderem mit Tiefgaragen, die sich eventuell auch als Quartiersgarage nutzen ließen.

Im Bezirksbeirat wurde die Beschlussfassung über den Bebauungsplan und das Stadterneuerungsvorranggebiet mit Vorkaufsrecht schon im Vorfeld als „Meilenstein in der Geschichte“ des Gremiums bezeichnet. In der Diskussion wurde ein möglichst hoher Anteil an gefördertem Wohnungsbau dort gewünscht. Die Stadt strebt dort laut Baubürgermeister Peter Pätzold einen Anteil von mindestens 50 Prozent an.

Durch die Umwandlung des bisher planungsrechtlich als Gebiet für Gemeinbedarf ausgewiesenen Areals in ein Wohnquartier gewinnt das große Grundstück deutlich an Wert. Für den Fall, dass die EnBW doch nicht verkauft und dort selbst zum Bauherren wird, könnte die Stadt zumindest theoretisch etwa 20 Prozent von dem entstandenen Planungsgewinn von dem Unternehmen verlangen.