Großprojekt in Leonberg Tauziehen um das Bosch-Umfeld
Im nächsten Jahr will der Konzern seinen neuen Forschungscampus in Leonberg eröffnen. Dafür muss die Poststraße umgestaltet werden. Aber es gibt noch einige Fallstricke.
Im nächsten Jahr will der Konzern seinen neuen Forschungscampus in Leonberg eröffnen. Dafür muss die Poststraße umgestaltet werden. Aber es gibt noch einige Fallstricke.
Jetzt muss alles ganz schnell gehen: Zum Jahresende will der Technologiekonzern Bosch sein neues Entwicklungszentrum für autonomes Fahren in der Leonberger Poststraße fertigstellen. Bis dahin sollte auch das Umfeld stimmen. Während aber der Bau des mehr als 40 000 Quadratmeter großen Campusgeländes Sache des Unternehmens ist, obliegt die Gestaltung der Straße der Stadt. Doch das ist nicht so einfach. Eine Übersicht:
Was ist genau geplant?
Wie die Poststraße künftig aussehen soll, ist eigentlich klar: Der Bereich unmittelbar vor dem imposanten terrassenförmigen Neubau soll einen platzartigen Charakter bekommen. Zwar keine ausschließliche Fußgängerzone, aber auch keine klassische Autostraße. „Shared Space“ heißt so etwas in Neudeutsch, geteilter Raum. Hier haben Fußgänger, Radfahrer und Autos gleichermaßen Raum.
Wo liegen die Probleme?
Was an sich gut klingt, ist in diesem Quartier gar nicht so leicht zu bewerkstelligen. Denn direkt neben dem Bosch-Neubau ist ein Gewerbegebiet mit großen Firmen wie Geze oder Brückner. Laster sind hier mehr als einmal am Tag unterwegs. Außerdem mündet die Poststraße in die Römerstraße, die wiederum eine zentrale Handelsachse Leonbergs ist. Hier haben sich große Lebensmittel- und Baumärkte angesiedelt. Der Verkehr ist entsprechend.
Und dann ist da noch der Bahnhof. Zu Fuß braucht man nur ein paar Minuten von den Zügen und Bussen zum neuen Bosch-Areal. Dem Unternehmen ist diese Nähe zur Bahn sehr wichtig, soll doch der Campus ein ökologisches Vorzeigeprojekt werden. Möglichst viele Beschäftigte sollen mit den Öffentlichen zur Arbeit kommen.
Oder mit dem Rad. Deshalb hätten die Grünen gerne einen gesonderten Radweg gehabt. Radler und Fußgänger, so befürchtet die Stadträtin Gudrun Sach, „geraten in einem Shared-Space-Bereich aneinander“. Am Ende würde dadurch das Radfahren „in Misskredit“ gebracht.
Konflikt Radler – Fußgänger?
Solcherlei Bedenken hegt die Mehrheit des Gemeinderates nicht. Auch die städtischen Planer gehen davon aus, dass eine Straße mit Bäumen, Bepflasterung und 2,50 Meter breiten Gehwegen ganz automatisch einen verkehrsberuhigenden Charakter hat. Durchgangsverkehr, so versichert Stephan Kerner vom Leonberger „Referat für innovative Mobilität“, werde es nicht geben. Lastwagen und Autos sollen durch die Maybachstraße, also direkt durchs Gewerbegebiet gelenkt werden. Die Poststraße bliebe, was sie ist: eine Nebenstraße.
Was kostet das Ganze?
Bosch würde für rund 1,8 Millionen Euro den Vorplatz des Campusgebäudes bezahlen. Die Poststraße selbst ist Sache der Stadt Leonberg. Wie fast überall sind auch hier die Kosten gestiegen: 2,31 Millionen Euro statt der ursprünglich veranschlagten 1,93 Millionen Euro sind nun fällig. Mehr als die Hälfte davon, so erklärt der städtische Verkehrsplaner Stephan Kerner gegenüber unserer Zeitung, gibt es über Landeszuschüsse. Unter dem Strich müsse Leonberg etwa eine Million Euro auf den Tisch legen.
Auch das ist Geld. Um die weiteren Planungen für die Poststraße zu bezahlen, hat die Stadt eine Art finanzielle Umverteilung ins Auge gefasst. Gut eine halbe Million Euro sind im aktuellen Haushalt als sogenannte Verpflichtungsermächtigung für den Bau eines Radweges in Ditzingen eingestellt. Der Unterschied zu einer normalen Investitionssumme besteht darin, dass das Geld eher eine Reserve für den Fall der Fälle, aber kein fester Planungsbetrag ist.
Und der Radweg nach Ditzingen?
Die Realisierung des Vorhabens würde zumindest verzögert. Da aber der Radweg in diesem Jahr ohnehin nicht mehr gebaut werde, so die Überlegung der Stadt, könne das Geld erst einmal in die Poststraße gesteckt werden. Kann man so sehen. Die Grünen sehen es aber völlig anders. „Wir können doch nicht einfach zugunsten der Poststraße den Radweg nach Ditzingen wegnehmen“, wettert Bernd Murschel. Werde doch auf diese wichtige Verbindung schon seit Jahren gewartet.
Einen Seitenhieb in Richtung Oberbürgermeister kann sich der Grünen-Fraktionschef nicht verkneifen: „Shared Space mag in Rudersberg funktionieren, nicht aber in Leonberg“, meint Murschel mit Blick auf ein ähnliches Projekt an Martin Cohns früherer Wirkungsstätte.
Gibt es andere Finanzierungswege?
Das zeichnet sich jetzt ab. Denn nicht nur die Grünen machen Druck. „Der Radweg muss kommen“, fordert auch Wolfgang Schaal. „Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar.“ Der Stadtrat der Freien Wähler fragt deshalb, ob nicht ein anderer Topf zu finden sei, aus dem Gelder für die Poststraße entnommen werden könnten.
Das sollte machbar sein, gibt sich der Baubürgermeister Klaus Brenner optimistisch. Wenn am Dienstagabend der Gemeinderat die Straßenneugestaltung final beschließen soll, will die Stadt eine Finanzierungsalternative präsentieren.