Sicherheit geht vor: Wie klappt die Zusammenarbeit, wenn es während der Fußball-EM ein schweres Unglück gibt? Das Rote Kreuz übte am Wochenende mit Ehrenamtlichen in Möhringen die massenhafte Versorgung von Verletzten.
Der Patient Max ist ansprechbar, atmet aber schwer, hat Schmerzen in der linken Brust und eine auffällig gerötete Haut an der schmerzenden Stelle. „Er muss sofort behandelt werden“, sagt der Notarzt Johannes Wagner, der während der großen DRK-Übung am Sonntag auf dem Parkplatz des Freibads Möhringen die Verletztendarsteller auf die Dringlichkeit der medizinischen Versorgung checkt. Viel Zeit hat er dafür nicht, der nächste Verletzte wird bereits gebracht. Rund eine Minute bleibt dem Notarzt pro Fall. Dann muss er entscheiden, ob der Patient leicht-, mittel- oder schwer verletzt ist und in welches der drei weiteren Zelte er oder sie kommt. „Das ist keine spaßige Aufgabe“, erklärt Wagner. Immerhin ginge es im Ernstfall womöglich auch darum zu entscheiden, wer angesichts seiner schweren Verletzungen und der dadurch nötigen Intensivversorgung sowie der begrenzten Anzahl an Rettungskräften nicht mehr behandelt werden kann. Glücklicherweise kämen solche Situationen, wo Ärzte über Leben oder Tod von Verletzten entscheiden müssten, in Stuttgart sehr selten vor, betont Wagner.
Dennoch möchte das DRK darauf vorbereitet sein. Im Sommer finden einige Spiele der Fußball-Europameisterschaft (EM) in der Landeshauptstadt statt. Das DRK nimmt das bevorstehende Großereignis zum Anlass, mit 48 Ehrenamtlichen und 16 Fahrzeugen den Ernstfall, also die massenhafte Versorgung von vielen Verletzten gleichzeitig, zu trainieren. Wenn die Fußballspiele stattfinden, wird das DRK in der Stadt mit Bereitschaftsdienstleistenden präsent sein. Damit die Übung realistisch ist, sind 20 aufwendig auf Verletzungen geschminkte Rollenspieler im Einsatz. „Die Helfer wissen nicht, was auf sie zukommt“, erklärt der Rotkreuzbeauftragte Tobias Lang. Die ehrenamtlichen Rettungskräfte kämen überwiegend aus den südlichen Stuttgarter Stadtteilen. Die Einzelmaßnahmen würden immer wieder geübt. Bei einer so großen Übung wie am Samstag käme es vor allem auf das Zusammenspiel der verschiedenen DRK-Gruppen an.
Der Patient Max hat inzwischen einen Zettel mit einem großen roten Feld umgehängt bekommen. Das bedeutet, dass er in das Zelt für die schwer verletzten Patienten gebracht wird. Dort sind drei Liegen aufgebaut. Eine Notärztin muss sich dort mit einem Team von Sanitätern also um bis zu drei Schwerverletzte gleichzeitig kümmern. Wie stressig das wird, wurde am Sonntag schon kurz nach Beginn der Übung deutlich.
Während der Behandlung eines jungen Mannes, der unter anderem ein Hirntrauma hat, muss die Notärztin rasch wieder zu Max, um eine Entlastungspunktion für die Lunge durchzuführen. Das Team arbeitet auf Hochtouren - und dabei ist eine Liege noch frei.
Rasch wird deutlich, was massenhaft Verletzte mit sich bringen. Die Rettungskräfte wissen, dass ihre Kapazitäten nicht mehr für eine ideale medizinische Versorgung für alle reichen. Umso wichtiger ist es, dass nur jene Patienten für eine weitere, intensive Behandlung in ein Krankenhaus gebracht werden, die diese Behandlung auch benötigen. Eine der wichtigen Aufgaben ist es deshalb, die Schwerverletzten für einen Weitertransport in eine Klinik vorzubereiten und die leichter Verletzten vor Ort zu versorgen. Die Mittel dafür sind weitgehend standardisiert. Es stehen Binden, Infusionen, Sauerstoff, Medikamente bereit. Außerdem gibt es Geräte zur Überwachung von Vitalwerten.