Angesichts der Differenzen in der grün-roten Koalition um die Lehrerstellen hat Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) die Zahlen von Schmiedel (SPD) nicht bestätigt. Er bat auch „alle Beteiligten“ , nicht immer mit Zahlen „herum zu jonglieren“.
Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die Ankündigung des SPD-Fraktionschefs Claus Schmiedel zu Lehrerstellen stark relativiert. Schmiedel hatte am Montag gesagt, die Koalition werde im kommenden Schuljahr nicht wie angekündigt 1200 sondern lediglich 400 Lehrerstellen streichen.
Das wollte Kretschmann gestern nicht bestätigen. Er berief sich auf den SPD-Finanzminister Nils Schmid. Schmid hatte erklärt, die Zahlen würden im Zuge der Haushaltsaufstellung geklärt. Zunächst warte die Regierung aber die neuen Schülerprognosen des Statistischen Landesamts ab. Das bekräftigte der Regierungschef. Kretschmann sagte auch, „solange es keine neuen Zahlen gibt, gelten die alten“. Die Landesregierung geht bisher davon aus, dass die Schülerzahlen bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent sinken, analog dazu will sie bis dahin zehn Prozent der Lehrerstellen streichen, das wären 11 600 Stellen.
Neue Daten im Frühsommer erwartet
Die Schülerzahlen beruhen auf einer Prognose des Statistischen Landesamts aus dem Jahr 2011, im Frühsommer wird mit neuen Daten der Statistiker gerechnet. Während Kretschmann und Schmid noch betonen, dass die Zahlen des Statistischen Landesamts abzuwarten seien, hatte Schmiedel schon am Montag bei einem Funktionärstreffen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gesagt, die so genannte demografische Rendite betrage im kommenden Schuljahr 800 Lehrerstellen. Das wären die Deputate die nicht mehr benötigt würden, weil weniger Schüler an den Schulen sind.
Konsens besteht laut Kretschmann aber zwischen den Koalitionspartnern darin, dass für Neuerungen im Schulbetrieb zusätzliche Lehrerstellen nötig sind. Dazu zählen in erster Linie die Ausweitung des Ganztagsbetriebs an Grundschulen und die Inklusion, der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern. Über Ostern habe er sowohl mit Kultusminister Andreas Stoch als auch mit Claus Schmiedel über diese Mehrbedarfe intensive Gespräche geführt, sagte Kretschmann. Abschließendes sei aber noch nicht geklärt: „Wir sind noch in der Feinabstimmung“. Auch das Sparziel 11 600 Stellen abzubauen, wackle bisher nicht. „Warten wir die Fakten ab“, wiederholte Kretschmann mehrfach.
Ewiger Streit um Zahlen
Die Planziffer 11 600 ist ein Quell steter Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition. Schmiedel wie sein Parteifreund Andreas Stoch kratzen schon seit Monaten an dem erklärten Sparziel. Die Grünen dagegen halten wie ihr Frontmann Kretschmann an dem Beschluss fest, solange es keine neuen Zahlen gibt. Kretschmann wurde gestern ziemlich deutlich: „Ich rate, nicht immer mit Zahlen herum zu jonglieren und bitte alle Beteiligten, sich daran zu halten“.
Weitere Stellengewinne erhofft sich die Landesregierung von der Verschiebung der Altersermäßigung für die Lehrer im Land. Bereits im vergangenen Jahr hat die Koalition beschlossen, dass Lehrer künftig erst mit 60 Jahren eine Stunde weniger unterrichten müssen und im Altern von 62 Jahren um eine weitere Stunde reduzieren können. Bisher ist die Ermäßigung zwei Jahre früher möglich. Gestern hat das Kabinett die bisherige Verwaltungsvorschrift als Rechtsverordnung zur Lehrerarbeitszeit beschlossen. Das Werk wird nun dem Landtag zur Zustimmung vorgelegt. Es soll am 1. August in Kraft treten. Laut Claus Schmiedel bringt die Verschiebung der Ermäßigung im kommenden Schuljahr 350 bis 400 Stellen ein.