Bei den Koalitionsverhandlungen haben sich Grüne und SPD auf einen "Kassensturz" verständigt. Die CDU habe einen "Schuldenberg" hinterlassen.

Stuttgart - Bei den Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg haben Grüne und SPD eine Verständigung in wichtigen Finanzthemen erzielt. Grünen-Verhandlungsführer Winfried Kretschmann kündigte am Montag in Stuttgart einen „Kassensturz“ an, an dessen Ende eine „ehrlichere Darstellung der tatsächlichen Verschuldung des Landes“ stehen solle. Sparen wollen die Koalitionäre unter anderem bei den Lehrkräften. Die CDU kritisierte die Weichenstellung als Fehlentscheidung zulasten des Bildungssystems. Die Steuereinnahmen sollen durch eine Stärkung der Steuerverwaltung erhöht werden.

 

Die neue Regierung will zudem auf die Einsetzung einer Förderalismuskommission dringen, die den Länderfinanzausgleich zwischen den Ländern neu regeln soll. Kretschmann versprach, durch den Kassensturz die „tatsächliche Situation des Landes ungeschminkt“ darzulegen und ergänzende Information im Haushalt aufzunehmen. Die CDU habe nach 57 Jahren an der Regierung einen „gewaltigen Schuldenberg hinterlassen“. Nach Angaben des designierten Ministerpräsidenten gibt es Finanzierungslücken in Höhe von über acht Milliarden Euro in der mittelfristigen Finanzplanung, zudem müssten neue Lasten bis 2018 getilgt werden.

Das strukturelle Defizit des Haushalts betrage jährlich eine Milliarde Euro, zudem berge der Kauf der EnBW-Anteile Risiken in Milliardenhöhe. SPD-Verhandlungsführer Nils Schmid betonte, dass das Land die finanziellen Belastungen nicht alleine schultern könne, man sei auf den Bund angewiesen. So will die designierte grün-rote Koalition eine Initiative im Bundesrat einbringen, um ein eigenes Steuerheberecht für die Bundesländer durchzusetzen. Zudem sollten Spitzenverdiener und Vermögende nach Vorstellung der Koalitionäre künftig stärker belastet werden.

Kommission für Reform des Länderfinanzausgleichs

Grüne und SPD verständigten sich zudem auf die Einberufung einer Kommission, die eine Reform der rechtlichen Grundlage des Länderfinanzausgleichs auf den Weg bringen solle. Kretschmann sagte, es sei wichtig, dass überhaupt mal eine Diskussion darüber zustande komme, dass der Finanzausgleich reformiert werden müsse. Eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich, mit der die Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gedroht hatte, strebe man nur an, wenn kein Einvernehmen mit den anderen Bundesländern erreicht werden könne. Schmid sagte, dass die Steuerverwaltung gestärkt werden solle. Steuergerechtigkeit sei nur dann möglich, wenn es genügend Steuerprüfer gebe. Sollte erneut eine CD mit den Daten von Steuerbetrügern angeboten werden, werde man im Gegensatz zur schwarz-gelben Landesregierung diese in jedem Fall ankaufen.

Grüne und SPD wollen Lehrstellen abbauen

Frei werdende Lehrerstellen werden abgebaut

Grüne und SPD wollen zudem mit dem Abbau von Lehrerstellen beginnen. Zwar sollten die rechnerisch frei werdenden Lehrerstellen durch den Rückgang der Schülerzahlen zunächst in eine Verbesserung der Qualität der Schulen fließen. Danach gebe es allerdings die „klare und harte Ansage“, dass ein Teil der frei werdenden Lehrerstellen abgebaut werde, sagte Schmid. Kritik kam von der CDU. Fraktionschef Peter Hauk bemängelte, dass die designierte grün-rote Regierung anders als im Wahlkampf angekündigt den Rotstift bei den Lehrern ansetze. „Das ist haarsträubend und ein glatter Wortbruch zum eigenen Wahlkampf.“

Rückläufige Schülerzahlen bedeuteten nicht automatisch einen geringeren Bedarf an Lehrkräften, gab Hauk zu bedenken. Noch keine Einigkeit besteht in der Frage, ob die Grunderwerbssteuer wie von den Grünen angekündigt von 3,5 auf 4,5 Prozent erhöht werde. Der Bund der Steuerzahler hatte sich am Montag energisch gegen dieses Vorhaben gewehrt. Trotz der großen Anstrengungen die zur Konsolidierung des Haushalts unternommen werden müssen, wollen die Koalitionspartner in jedem Fall die Studiengebühren abschaffen. Kretschmann versicherte: „Den Wegfall der Studiengebühren werden wir durchsetzen.“