Die neue Landesregierung schafft in der Personalpolitik Fakten: Die Regierungspräsidenten sollen ausgetauscht werden, unter den Ministerialdirektoren findet sich ein alter Bekannter.

Stuttgart - Die Landesregierung steht, Minister und Staatssekretäre sind vereidigt, nun müssen noch die politischen Beamten ernannt werden. Das sind die Amtschefs der Ministerien, also jene Spitzenbeamten, welche die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung bilden. Kurzum: die Ministerialdirektoren. Auch die Regierungspräsidenten gehören dazu. Letztere sollen – anders als beim Machtwechsel 2011 – diesmal zügig ausgetauscht werden. Konkret: zum Ende des Monats Mai. Nur die Freiburgerin Bärbel Schäfer, 2012 bereits von den Grünen ins Amt gehievt, kann sicher sein, ihren Posten zu behalten. Dagegen muss der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl aller Voraussicht nach seinen Hut nehmen. Die Grünen haben es auf seinen Posten abgesehen. Favorit für die Nachfolge ist der bisherige Amtschef des Ministeriums für ländlichen Raum, Wolfgang Reimer. Die CDU greift nach dem Chefsessel im Tübinger Regierungspräsidium, das für die christdemokratischen Kerngebiete in Oberschwaben zuständig ist. In Tübingen amtiert derzeit noch der Sozialdemokrat Jörg Schmidt. Ob auch die Karlsruher Regierungspräsidentin Nicolette Kressl (SPD) ihren Posten räumen muss, erschien zuletzt noch als offen.

 

2012 war die CDU noch dagegen

Regierungspräsidenten auszutauschen, das ist eine heikle Angelegenheit. Obschon rechtlich ohne Weiteres möglich – sie sind in ihrer Amtsführung jederzeit vom Vertrauen der Regierung abhängig –, haftet einem solchen Revirement ganz besonders der Geruch der Parteibuchherrschaft an. Die Regierungspräsidenten stehen in der Hierarchie zwar unter den Amtschef der Ministerien, sind in der Öffentlichkeit meist aber sehr viel bekannter. Sie nehmen viele Termine wahr, verteilen mit gütiger Hand die Schecks, die in den Ministerien unterschrieben wurden und finden deshalb auch allerorten eine warmen, nicht selten blasmusikuntermalten Empfang. Sie dienen der Regierung als Seismografen für die Stimmung im Land, und sie sind für die Umsetzung des Regierungshandelns in der Fläche verantwortlich. Kurzum: Die Regierungspräsidenten genießen eine gewisse Popularität. Die grün-rote Koalition bekam das schmerzhaft zu spüren, als sie 2012 – ein Jahr nach dem Regierungswechsel – die noch von den Vorgängerregierungen installierten Regierungspräsidenten austauschen wollte. Landräte und Bürgermeister solidarisierten sich mit „ihren“ Regierungspräsidenten, in Tübingen setzte sich sogar der Grüne Boris Palmer für den CDU-Mann Hermann Strampfer ein. Die Opposition empörte sich: „Der Staat ist nicht die Beute von Grün-Rot“, kritisierte der damalige CDU-Fraktionschef Peter Hauk. CDU-Landeschef Thomas Strobl lästerte: „Es geht nur noch um das Parteibuch.“ Grün-Rot blies die Aktion ab, ließ Stramper in Tübingen und Schmalzl in Stuttgart im Amt. Der Karlsruher Regierungspräsident Rudolf Kühner hingegen hörte freiwillig vorzeitig auf und wurde durch Kressl ersetzt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann zog aus der fehlgeschlagenen Aktion den Schluss, die Regierungspräsidenten müssten gleich zu Beginn eines Regierungswechsels ausgetauscht werden oder gar nicht. Und so soll es jetzt gehandhabt werden.

Legislative hilft Exekutive

Überwiegend Klarheit herrscht bei der Besetzung der Amtschefs der Ministerien. Veränderungen gibt es natürlich in jenen Ressorts, die von der CDU übernommen werden. Dass Innenminister Thomas Strobl den früheren Freiburger Regierungspräsidenten Julian Würtenberger (59) beruft, ist bereits bekannt. Der Jurist arbeitet derzeit noch im Bundesfinanzministerium als Abteilungsleiter Zoll. Würtenberger verfügt über breite Erfahrung im Landesdienst, unter anderem war er schon Amtschef im Wissenschaftsministerium. Überhaupt sieht es so aus, als legten die neuen CDU-Regierenden auf Erfahrung und Professionalität wert. So ist nach StZ-Informationen für Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut ein alter Haudegen der Landesverwaltung als Ministerialdirektor vorgesehen: Landtagsdirektor Hubert Wicker. Der 67-Jährige war unter Ministerpräsident Günther Oettinger als beamteter Staatssekretär Chef des Staatsministeriums, zuvor wirkte er als Amtschef im Finanzministerium und als Regierungspräsident in Tübingen. Nach der Wende hatte er sich als beamteter Staatssekretär im sächsischen Innenministerium um den Aufbau der Landesverwaltung gekümmert. Aus der Landtagsverwaltung – die Legislative greift der Exekutive unter die Arme – kommt auch die neue Amtschefin im Ministerium für Ländlichen Raum: Grit Puchan steht künftig Peter Hauk zur Seite. Sie kennt den ländlichen Raum aus ihrer Zeit als Regierungsvizepräsidentin in Tübingen. Unklar ist noch, wer im Kultusministerium Amtschef wird. Für das Justizministerium ist Elmar Steinbacher, Abteilungsleiter im Verkehrsministerium, im Gespräch.

Auf Seiten der Grünen ist zumindest eine überraschende Personalie zu vermelden: Zum Amtschef im Finanzministerium avanciert der Stuttgarter Regierungsvizepräsident Jörg Krauss. Überraschend deshalb, weil Krauss aus der Polizei stammt, eine beachtliche Polizeikarriere hinter sich hat und überhaupt über Erfahrung im Bereich Innere Sicherheit verfügt, nicht aber in der Finanzverwaltung. Ministerialdirektor im Sozialministerium wird Wolf-Dietrich Hammann, bisher Amtschef im Integrationsministerium und zuvor Landespolizeipräsident. Umweltminister Franz Untersteller behält seinen Amtschef Helmfried Meinel, dagegen wabern Gerüchte, Uwe Lahl wolle dem Verkehrsministerium Winfried Hermanns den Rücken kehren. Simone Schwanitz bleibt Amtschefin im Wissenschaftsministerium.