Dank hoher Überschüsse kommt die Landesregierung im kommenden Jahr erneut ohne neue Kredite aus. Opfer müssen dennoch gebracht werden. Grün-Schwarz weiß auch schon, von wem.

Stuttgart - Die Nettonull hält: Auch im kommenden Jahr wird die Landesregierung keine neue Schulden aufnehmen. Das sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag nach der Kabinettssitzung, in der die Ministerrunde die Eckpunkte für den Landesetat 2017 beraten hatte. Damit bleibt die neue grün-schwarze Regierung finanzpolitisch auf Kurs. Schon unter Finanzminister Nils Schmid (SPD) war das Land in den Jahren 2011 und 2012 sowie 2015 und 2016 ohne neue Kredite ausgekommen.

 

Zustatten kommt Grün-Schwarz die anhaltend gute Kassenlage des Landes. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) kann auf eine Milliarde Euro Überschuss aus dem Jahr 2015 zurückgreifen. Dazu kommen zusätzliche 350 Millionen Euro aus der zurückliegenden Mai-Steuerschätzung, die ebenfalls im Etat 2017 verwertet werden. Für weitere Entlastung sorgt, dass die Flüchtlingszahlen geringer ausfallen als bei der Finanzplanung angenommen – 650 Millionen Euro bleiben dem Land erhalten. Bisher waren 2017 für Flüchtlinge Ausgaben in Höhe von 2,1 Milliarden Euro eingeplant.

Gute Nachricht, schlechte Nachricht

Das sind die guten Nachrichten. Die schlechte Nachricht: Die Deckungslücke im Etat beträgt 2,6 Milliarden Euro. Weil die Regierung etwa 150 Millionen Euro für „politische Akzente“ im Rahmen des grün-schwarzen Regierungsstarts ausgeben möchte, bleibt unterm Strich ein Deckungsbedarf von 800 Millionen Euro. Dieses Geld muss eingespart werden. Finanzministerin Sitzmann hat dazu zwei große Blöcke gebildet. 370 Millionen Euro sollen die Ministerien strukturell einsparen, 430 Millionen Euro sollen aus „sonstigen Bereichen“ kommen. Hinter dieser Chiffre verbergen sich vor allem zwei Posten: zum einen will Sitzmann bei den Beamten sparen, zum anderen über den kommunalen Finanzausgleich Geld schöpfen.

Die Grünen-Politikerin verwies darauf, die Kommunen hätten einen Anteil von zehn Milliarden Euro am Landesetat. Da kämen sie um einen Sparbetrag nicht herum. Allerdings gönnt sich die Landesregierung schon jetzt einen Vorwegabzug aus dem kommunalen Finanzausgleich. Er liegt gegenwärtig bei 315 Millionen Euro. Sitzmann sagte: „Ich setze auf den guten Willen aller und gehe davon aus, dass wir eine Lösung finden, mit der alle gut leben können.“ Grün-Schwarz hatte bereits angekündigt, die Tariferhöhungen für den öffentlichen Dienst nicht vollständig auf die Landesbeamten übertragen zu wollen. Dagegen zeigte sich die Finanzministerin gewillt – wie im Koalitionsvertrag versprochen – die Absenkung der Eingangsbesoldung schrittweise rückgängig zu machen. Sitzmann kündigte Gespräche mit Beamtenbund und DGB an.

FDP vermisst klares Konzept für die Schuldenbremse

CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart nannte die Einsparungen einen „großen Kraftakt.“ Das gelte auch für neue Schulden. Die unumgänglichen Einsparungen seien kein Selbstzweck, sondern dienten der Einhaltung der Schuldenbremse. Tatsächlich setzt die Schuldenbremse das Land unter Handlungsdruck. Laut Grundgesetz dürfen die Bundesländer von 2020 an in Normallagen keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Dieses Faktum hat FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke im Auge, wenn er bei der grün-schwarzen Regierung „ein klares Konzept zur Einhaltung der Schuldenbremse“ vermisst. Die Koalition hoffe auf mehr Steuereinnahmen und bange angesichts der unklaren Entwicklung der Flüchtlingskosten: „Hoffen und Bangen gehören aber nicht zu den Haushaltsgrundsätzen.“

Der SPD-Finanzexperte Peter Hofelich sagte, die Überschüsse der vergangenen Jahre zeigten, dass die schwarze Null im Etat 2017 „ohne die Vorarbeit der SPD nicht möglich gewesen wäre“. Der DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf hält den Konsolidierungskurs in der Finanzpolitik hingegen für einen Irrweg. Die Sparpolitik sei nicht generationengerecht, weil sie der jungen Generation wichtige Investitionen vorenthalte.