Vom Vater hat er die englischen Gene geerbt. Und ein bisschen Exzentrik. Gerne rennt Christopher Greenaway im Kostüm, als Banane, Nonne oder Ritter. Er hat Spaß am Laufen. So sehr, dass er in Stuttgart und Esslingen den Parkrun gegründet hat.

Stuttgart - Er ist in seinem Leben 53 Marathons gelaufen und hat den Transalpine, eines der härtesten und spektakulärsten Rennen der Welt, absolviert. Warum Christopher Greenaway dennoch auch gern durch Parks läuft, verrät er hier. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

 

Herr Greenaway, sind Sie der erste Ritter, der joggt?

Die sind doch früher schon vor ihren Feinden weggerannt, oder? Aber es stimmt, beim Silvesterlauf in Kirchheim/Teck verkleide ich mich immer; da war ich in der Tat als Ritter unterwegs, mit acht Kilo schwerer Rüstung.

Die Sie als Rüstmeister ja selbst machen könnten?

Genau. Derzeit baue ich am Staatstheater mit meinen Kollegen eine Rüstung für eine Vorstellung. Aber für den Lauf hatte ich mir im Fundus ein Kettenhemd ausgeliehen.

War da auch Ihr Bienenkostüm her?

O je. Mein Auftritt als Biene Maja ist auch schon durchgedrungen? Im Remstal bin ich mal einen Marathon als Biene verkleidet gelaufen. Das sind offenbar meine englischen Gene. Ich mache das gerne, in England laufen viele im Kostüm.

Aus England haben Sie auch die Idee für den Parkrun mitgebracht?

Da muss ich ausholen. Ich bin eigentlich immer joggen gegangen, ein-, zweimal die Woche. Vor fünf, sechs Jahren habe ich angefangen mit Wettkämpfen. Der Halbmarathon beim Stuttgart-Lauf war das große Ziel. Das lief ganz gut. Danach habe ich gleich mit Marathon angefangen. Und bin bis jetzt 53 Marathons gelaufen. Beim 24-Stunden-Lauf in Dettenhausen bin ich 167 Kilometer am Stück gelaufen. Ich habe auch schon beim Transalpine mitgemacht.

Was ist das?

Das ist ein Lauf über die Alpen. Sieben Tage, gut 250 Kilometer, mit 16 000 Höhenmetern. Wir haben jede Nacht zusammen in Sporthallen übernachtet, Pizza gegessen, Bier und Rotwein getrunken. Und jeden Morgen haben die „Highway to Hell“ gespielt. Dann ging es wieder los über die Berge.

Aber da sind doch fünf Kilometer Parkrun viel zu läppisch?

Als wir nach England in Urlaub sind, habe ich nach einer Laufstrecke gesucht. Wir machen oft Campingurlaub bei Eastbourne, in der Nähe meiner alten Heimat East Grindstead. Ich habe geguckt: Welche Rennen gibt es? Wo kann ich mitmachen? Und gesehen, zwei Kilometer vom Campingplatz ist jeden Samstag ein Fünf-Kilometer-Lauf, kostenlos, mit Zeitnahme. Ich bin dahin. Das war vor drei Jahren.

Das war Ihre erste Begegnung mit Parkrun?

Ja. Dann habe ich mich damit beschäftigt – und gelernt, dass es das schon überall auf der Welt gibt, alleine in England 500-mal.

Wie ist das entstanden?

Der Gründer Paul Sinton-Hewitt ist ein ambitionierter Hobbyläufer, der jede Woche trainiert hat. Er war dann irgendwann verletzt und hat darunter gelitten. Also hat er zu seinen Kumpels gesagt: „Dann komme ich jede Woche, nehme eure Zeiten auf. Aber der Deal ist, wir gehen hinterher noch einen Kaffee trinken.“ Die haben das gemacht. Das ist gewachsen und gewachsen.

Und Sie wollten das nach Stuttgart bringen?

Ja. Das war 2017. Aber Parkrun war noch nicht so weit, es gab noch keine deutsche Webseite. Und ich wollte das offiziell starten, mit Genehmigung. Es kostet nichts, aber nur so bekommst du einen Barcode, mit dem du weltweit an jedem Parkrun mitmachen und deine Zeit messen kannst.

Aber Sie hatten Probleme, eine Strecke zu finden?

Wir wollen, dass der Run für alle ist. Wir möchten auch, dass Rollstuhlfahrer mitfahren, dass blinde Läufer mitlaufen können. Eine einfache Streckenführung, zentral, wäre ideal gewesen. Also haben wir wegen des Schlossgartens gefragt. Aber da kam gleich die Absage. Es sei dort auch wegen S 21 zu voll.

Aber Sie könnten ja auch im Unteren Schlossgarten laufen?

Das ist mein Traum. Da werde ich wieder anklopfen, beim Rosenstein oben. Da geht es zwar auf und ab, ist aber nicht so steil, und so viel los ist auch nicht. Vielleicht probiere ich das noch mal. Aber erst suchten wir andere Strecken. Der Killesberg war ein Thema, aber dort wurde gebaut.

Also sind Sie am Kräherwald gelandet?

Ja. Wir sind sehr zufrieden dort. Man kommt gut mit dem Bus oder dem Auto hin. Dort ist eine Haltestelle, man kann gut parken. Die Strecke ist zwar hügelig, aber wunderschön, im Sommer ist es angenehm schattig. Ich habe auch bei der Gruppe mal gefragt, ob wir umziehen sollen, aber die möchten dort bleiben.

Wie viele Leute kommen?

Im Sommer sind es bis zu 60, im Winter 30.

Sie sind immer dabei?

Nein. Meine Frau hat ihr Veto eingelegt. Ich sehe das als gutes Zeichen an, dass sie mich noch zu Hause sehen möchte. Wir haben mittlerweile sieben Laufleiter, die wechseln sich als Verantwortliche ab. Insgesamt haben wir 40 Helfer.

Was machen die Helfer?

Es gibt einen Zeitnehmer, der die Zeiten stoppt, und einen Barcode-Scanner, der die Daten per Handy-App einliest. Dann gibt es drei Streckenposten und einen Schlussläufer. Dadurch ist gesichert, dass keiner Letzter wird.

Aber es geht doch ohnehin nicht um die Zeit?

Eigentlich nicht. Aber wenn du eine Zeitnahme hast, messen sich manche Läufer gerne. Mein Herzenswunsch ist, dass auch Walker und Spaziergänger dazukommen, Leute, die erst mal fünf Kilometer gehen wollen. Und ganz im Sinne des Gründers sitzen wir hinterher immer beim Bäcker zusammen zum Kaffeetrinken und Frühstücken. Das ist wirklich ganz entspannt.

Wie kann man mitmachen?

Man kann sich über die Webseite anmelden und bekommt einen Barcode, den man ausdruckt. Über den bekommst du deine Zeit via E-Mail und kannst auch bei jedem Park-run weltweit mitmachen. Wir treffen uns jeden Samstag um 9 Uhr beim Eingang zum Gelände des MTV Stuttgart.

Und Sie expandieren?

Ja. Wir starten am 6. April in Esslingen. Es ist meine Trainingsstrecke, wunderschön am Neckar entlang. Sie liegt in der Nähe der S-Bahn-Haltestelle Oberesslingen und ist topfeben.

Da kann auch ein Ritter joggen?

Mal sehen. Am Valentinstag hat sich einer als Herz verkleidet. An Halloween lief eine Frau als Mumie – mit Klopapier umwickelt, das sie nach und nach verlor. Das passiert einer Biene nicht.